Heute ist ein ausgesprochen schöner Tag. Gut gelaunt starte ich mein Tagewerk. Mein Geist ist wach und hüpft hurtig entlang vieler Assoziationsketten. Es geht mir richtig gut! Ich bin voller Tatendrang.
Zuerst wird ein bisschen gearbeitet, dann lockt ein leckeres Frühstück.
Gitti und ich beraten uns ausgiebig zur Planung des nächsten Einkaufs von Lebensmitteln. Fragen über Fragen sind dabei zu beantworten: Was wollen wir in den nächsten Tagen speisen? Was fehlt uns an Zutaten? Welche Vorräte sind aufzufüllen? Hoch im Kurs stehen bei uns heute italienische Gerichte aller Art. Haben wir Lust auf Tagliatelle mit Zucchini und Lachs? Mal wieder One-Pot-Pasta? Wollen wir eine Vorspeisen-Orgie mit eingelegtem Gemüse, Oliven und Bruschette einlegen? Oder lieber Saltimbocca alla Romana zubereiten?
Unser Tischgespräch entwickelt sich weiter in verschiedene Richtungen. Bald erzählt Gitti von Artikeln, die sie vorhin in der Zeitung las. Ein Brotkrümel ziert ihre Oberlippe, als sie plötzlich fragt: „Was ist eigentlich eine …?“ Das letzte Wort ihrer Frage habe ich nicht richtig verstanden, aber es klang ein bisschen wie „Calzone“. Oh, lecker! Ich frage sicherheitshalber nochmal nach.
Gitti ist ein bisschen genervt, weil ich offensichtlich schwerhörig bin. Mit lauter, fester Stimme wiederholt sie also: „Fan-zo-ne!“
Ich kombiniere das Wort mit dem, was Gitti unmittelbar zuvor erzählt hat. Das hatte alles rein gar nichts mehr mit Essen zu tun. Dennoch rufe ich spontan: „Pizza!“
Gitti greift zur Zeitung und zeigt verzweifelt auf eine Überschrift. Mir springt das Wort entgegen. Natürlich, alles klar! Ich sage: „Sprich es englisch aus und staune!“
Gitti prustet fast ihren Kaffee über den Tisch, schlägt die flache Hand auf ihre Stirn und bringt kichernd hervor: „Stimmt! Die Fußball-EM startet ja in ein paar Tagen! In der Stadt richten sie Fanzones ein. Keine Pizza – schade eigentlich!“
Ich finde die italienische Aussprache in diesem Fall natürlich viel schöner. Wäre ich Pizzabäcker, so würde ich sofort eine Pizza Fanzone kreieren. Mit Spinat, grün, wie der Rasen. Ein weißer Burrata läge mitten auf der Pizza wie der Spielball kurz vor dem Anpfiff. Grüne und schwarze Oliven stellten die Spieler dar, drei rote Oliven gäbe es für das Schiedsrichter-Gespann. Mit Paprika ließen sich Ersatzbänke andeuten, die Tore und die Linien des Spielfeldes könnte man mit Streifen leckeren Parmigianos legen. Der Pizza-Rand stellt das Stadion dar. Tausend Ideen spuken mir im Kopf herum.
Gitti fragt, ob ich dann auf der Fanmeile, vielleicht sogar mitten in der Fanzone, einen Food-Truck mit integriertem Holzofen aufstellen möchte, um dort meine neue Pizza Fanzone feilzubieten.
Ich möchte nicht.
Lieber möchte ich mit Gitti zur Pizzeria aufbrechen, am liebsten gleich heute Abend!
Bis zum Abend spukt mir natürlich die Fanzone ordentlich im Kopf herum. Mir fallen lauter Wörter ein, die falsch ausgesprochen richtig lustig, also quasi ausgesprochen lustig sind. In solch einem Zustand sollte man sich besser nicht zu rege an ernsthaften Besprechungen beteiligen! Mit etwas Mühe vollbringe ich mein Tagewerk.
Später, auf dem Weg zur Pizzeria, schlage ich Gitti vor, ein paar Tage an den Alpeno-Strand zu fahren. Darauf fällt die gute Gitti gar nicht erst rein. Sie kontert sogleich, dass sie sich wirklich nur schwer vorstellen kann, dass ausgerechnet ich unbedingt am Alpen-Ostrand herumkraxeln möchte. Da hat sie auch wieder Recht. Der Punkt geht eindeutig an sie.