Nach einigen sehr anstrengenden und durchaus umtriebigen Tagen hängen Gitti und ich etwas durch. Wir fühlen uns erschöpft. Den heutigen Abend wollen wir ganz unserer eigenen Entspannung widmen.
Gittis Magen befürchtet, dass sie nun stundenlang völlig untätig herumsitzen wird. Er hat Angst, mit ungestillten Bedürfnissen leer und unbeschäftigt in ihr herumhängen zu sollen. Ohne definierten Endtermin!! Davon hält er nichts. Genauer gesagt, gar nichts! Ungehalten bringt er sich deshalb mit lautem Knurren in Erinnerung. Das Geräusch, welches da aus Gitti schallt, ist langgezogen. Es hat einen auffordernden Charakter und drückt eine deutliche Beschwerde aus. Gitti sagt, sie habe noch gar keinen Hunger. Ihr Magen wiederholt daraufhin seine Klage. Diesmal noch eine Spur lauter, in der Tonlage etwas jammernd moduliert und vor allem deutlich vorwurfsvoller als zuvor.
Wir überlegen, ob und wann wir uns etwas zu essen zubereiten wollen. Aus dem Haus treibt uns heute nichts mehr, so viel steht auf jeden Fall schon fest. Den kurz aufkommenden Gedanken, nur ein paar Knabbereien einzuwerfen, verwerfen Gitti und ich schnell wieder.
Träge wird das Thema unsererseits noch ein paar Minuten lang ignoriert.
Dann nimmt es vorsichtig wieder an Fahrt auf. Was würde uns beide jetzt wohl wieder stärken? Ein Kraftsüppchen? Wir wollen jetzt keine Suppe kochen! Was dann? Schnell soll es gehen. Lecker soll es sein, auch wenn die Erwähnung dieser Forderung eigentlich völlig überflüssig ist. Etwas Warmes wäre auch schön. Fast unmerklich setzen wir uns synchron eine Spur aufrechter hin. In Gedanken werfen Gitti und ich einen Blick in den Kühlschrank. Wir überlegen immer noch lustlos hin und her.
Plötzlich steht der Titel unseres Favoriten in großen, leuchtenden Lettern mitten im Raum: Tagliatelle mit Lachs und Zucchini.
Die Begeisterung für diese Idee zieht uns hoch. Nudeln machen glücklich! Ja, das wollen wir!!
Schnellen Schrittes eilen wir deshalb gemeinsam gen Küche. Flugs werden die Beleuchtung eingeschaltet, unsere Schränke geöffnet und die benötigten Zutaten daraus hervorgeholt.
Gitti lässt zunächst eine große Zucchini von der schnellen Küchenmaschine in schmale Streifen reiben. Das geht innerhalb weniger Sekunden. Wir werden mehr Zeit damit zubringen, alle Maschinenteile wieder zu reinigen, als die Maschine selbst überhaupt im Einsatz ist. Zum Glück ist das Ding so konstruiert, dass seine Reinigung recht schnell zu bewerkstelligen ist. Die Zucchinistreifen stehen nun zur späteren Verwendung neben dem Herd bereit.
Ich schnibble zwei kleine Frühlingszwiebeln und etwas Knoblauch klein. Dann öffne ich eine Packung mit geräuchertem Lachs und schneide diesen schnell in schmale Streifen.
Gitti hat längst eine Pfanne auf den Herd gezaubert und damit begonnen, etwa 125 g Baconwürfel auszulassen. Sie gibt noch etwas Erdnussöl in die Pfanne und röstet darin die Zwiebelringe und die Knoblauchwürfel an, bis sie eine appetitliche Farbe annehmen.
Die Lachsstreifen gesellen sich anschließend zu den anderen Pfannenbewohnern und werden ein wenig angebraten. Danach kommen die Zucchinistreifen zum Andünsten ebenfalls in die Pfanne.
Ich widme ich mich einem Stück Parmigiano und schäle ausreichend viele dünne Käsescheibchen in eine kleine Schüssel. Für mich ist danach ein guter Zeitpunkt gekommen, ganz nebenbei schon wieder für Ordnung zu sorgen. Ich reinige schnell die Teile der Küchenmaschine, die Schneidebretter und unsere Messer.
Gitti löscht den Pfanneninhalt mit einem ordentlichen Schluck Weißwein ab. Das laute Zischen ist mein Signal, endlich den Tisch zu decken und eine Flasche Riesling aus dem Keller zu holen. Ich muss jetzt Gas geben, denn Gitti ist längst auf der Zielgeraden.
Während ich also kurz unterwegs bin, würzt Gitti mit Brühe, Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker. Dann kommen noch ein wenig Wasser und Sahne nach Gusto hinzu, von letzterer vermutlich zwischen 100 und 200 ml. Gitti lässt diese Sauce einmal aufkochen. Sie öffnet eine Packung mit frischen Tagliatelle, die sie in ihrer vorausschauenden Art vor ein paar Tagen aus dem Kühlregal unseres Supermarktes mitgebracht hat. Über die Mengenangabe für das Wasser bringe ich im Nachgang nur in Erfahrung, dass es so viel sein muss, dass die frischen Nudeln von der Sauce so gerade eben bedeckt werden, auf dass sie darin gut gegart werden können. Gitti lässt das Gericht in diesem Zustand etwa zwei Minuten lang köcheln.
Ich schenke den Wein aus und Gitti gibt den dampfenden, köstlich duftenden Inhalt der Pfanne in eine große Schüssel.
Dann lassen wir uns nieder, füllen unsere Teller, geben dünne Parmigianoscheibchen darüber und prosten einander zu. Das ging jetzt echt schnell!
Unsere Musikkugel spielt zum Essen auf, Gitti und ich entspannen und genießen.
Am Ende fühlen wir uns genudelt. Das liegt natürlich nur daran, dass wir weder einer zweiten noch einer dritten Portion widerstehen konnten und infolgedessen nun wirklich sehr satt sind. Gönnen wir uns noch einen Duobrand? Also aus vermeintlich medizinischen Gründen? Hui, ist der lecker!
Satt und glücklich begeben Gitti und ich uns wieder ins Wohnzimmer. Wenige Zeit später schlummern wir selig. Der Fernseher versucht vergeblich, uns mit einem Krimi zu beglücken. Kurz vor den Spätnachrichten erwachen wir und betten uns kurz um. Die verbleibende halb wach verbrachte Zeit des Abends reicht gerade so aus, um eine Runde durchs Bad zu drehen, es uns im Bett gemütlich zu machen und noch schnell ein Schaf zu zählen.
In der Nacht träume ich von Nudeln – wovon denn auch sonst! Diese wunderbaren Teigwaren spenden mir Kraft, und sie machen mich glücklich! In dieser Nacht beglücken sie mich sogar mit einem fröhlichen Konzert und einer bunten Nudelparade. Als mich der Wecker aus dem Schlaf reißt, schaukle ich gerade mit flatterndem Shirt auf einer Schaukel. Diese Schaukel hat einen bequemen, aus Tagliatelle geknüpften Sitz. Währenddessen spielt ein Orchester aus Farfalle, Spaghetti, Rigatoni und Orecchiette eine schwungvolle Weise. Wusstest Du, dass sich Cavatappi wie Saxophone anhören?
Muss ich wirklich schon wieder aufstehen?