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Ente Surprise

Gitti zieht ihre Kreise durch die örtlichen Geschäfte, um unseren Haushalt für Weihnachten zu rüsten. Voll der Pläne und der Vorfreude bestückt sie den Einkaufswagen, bis ihr, Surprise, Surprise, eine Ente in den Weg springt.

Das ändert alles!

Gitti ist ja zum Glück ziemlich spontan und durchaus rezeptfest. Zumindest hat sie klare Vorstellungen davon, was sie für die Zubereitung einer Ente so alles brauchen könnte. Ansonsten muss man eben auf Lücke setzen. Da fällt ihr schon etwas ein!

Fröhlich und gut bepackt kehrt Gitti nach Hause zurück. Sie steckt den Kopf in mein Arbeitszimmer: „Was hältst Du von Ente Surprise?“ Ich bin begeistert, aber auch mitten in einer Besprechung. Also zeige ich nur kurz auf meine Kopfhörer und recke ihr einen Daumen hin. Gitti nickt, dann entschwindet sie schnell.

Als ich mit meiner Arbeit fertig bin versetze ich das Homeoffice für das restliche Jahr in den Schlummermodus. Ich bin schon so gespannt auf Gitti, ihre Einkäufe und Ideen! Mit einem fröhlichen „Urlaub!!!“ auf den Lippen eile ich zu ihr.

Am nächsten Morgen geht es los. Gitti wäscht die Ente, tupft sie trocken und setzt sie auf einen Hähnchenbräter. Dort sitzt die Ente nun 2-3 Stunden lang aufrecht herum und trocknet vor sich hin. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, wie das aussieht, wie sie so kopflos da thront! Also reiße ich mich los und widme mich anderen Dingen.

Gitti legt die angetrocknete Ente jetzt behutsam rücklings in eine Kasserolle. Und dann übergießt sie die Ente wieder und wieder mit kochendem Wasser, bis sie ganz blass und weiß aussieht! Ich bin auch schon ganz blass und weiß. Müsste ich mir mein Essen selbst schießen, ich wäre sofort Vegetarierin! So gehöre ich dann doch zu den bösen Leuten, die das Ergebnis zu schätzen und zu genießen wissen, sich aber vor bestimmten Arbeiten gerne drücken. Gitti werkelt unbeirrt weiter. Sie gießt das Wasser ab und tupft das Tier geradezu liebevoll wieder trocken – innen und außen! Anschließend greift sie beherzt in der Ente Inneres und reibt sie dort mit ½ Teelöffel Salz und einem Esslöffel Sherry ein. Medium dry.

Jetz bereitet Gitti die Marinade vor. Dazu schneidet sie Ingwer in 6 dicke Scheiben und 2 Schalotten in lange Stücke, gibt alles zusammen in die Kasserolle, die ja jetzt wieder frei ist, und gießt 1 ½ Liter Wasser hinzu. Zusammen mit 3 Esslöffeln Honig und einem Esslöffel süßer Sojasauce kocht Gitti die Marinade kurz auf. Die Ente darf darin nun ein kurzes Bad nehmen. Gitti wendet sie hin und her, anschließend setzt Gitti die Ente zum erneuten Trocknen wieder auf ihren Thron.

Der Backofen wird auf 175°C vorgeheizt. Gitti zaubert einen Bräter mit Rost hervor und gießt so viel Wasser hinein, dass der Boden gut mit Wasser bedeckt ist, der Rost sich jedoch vollständig aus dem Wasser erhebt. Mit der Brust nach oben darf die Ente nun auf dem Rost zu liegen kommen und sich die nächsten 1 ¼ Stunden im Ofen bräunen. Danach dreht Gitti sie auf den Bauch und es geht nochmal für etwa eine halbe Stunde in den Ofen.

Gitti wird gleich den Teig für ganz dünne Täschchen vorbereiten. Das soll so ähnlich werden, wie wir es mal bei einer Peking-Ente kennengelernt haben. Wir nehmen uns vor, das Innere der Täschchen mit ein wenig Sauce zu bestreichen. Dazu wollen wir kleine Frühlingszwiebel-Pinsel verwenden. Gitti wird die Ente in handliche Stücke zerlegt servieren. Zusammen mit den Entenstückchen werden wir die Pinsel dann in die Täschchen legen. Mir läuft jetzt schon das Wasser im Munde zusammen. Ja, das wird lecker!

Gitti kümmert sich also erstmal um den Teig für die Täschchen. Sie siebt 300 g Mehl in eine Schüssel, gießt ¼ Liter kochendes Wasser hinein, und dann knetet Gitti alles geduldig zu einem glatten, lockeren Teig. Die Schüssel verschwindet unter einem feuchten Handtuch. Der Teig darf nun eine halbe Stunde ruhen.

Es gibt bei der ganzen Veranstaltung durchaus noch einen kleinen Part, mit dem ich gerne meinen Beitrag leiste. Während Gitti sich mit dem Teig beschäftigt, putze ich zunächst zwei Bund Frühlingszwiebeln. Ich schneide sie in etwa 5 cm lange Stücke. An einem Ende jedes Stückes lasse ich etwa einen halben Zentimeter unversehrt stehen, den Rest schlitze ich mehrfach längs ein. So entsteht jeweils ein kleiner Pinsel. Ich gebe die Pinsel in eine Schüssel mit eiskaltem Wasser. Damit es richtig kalt ist und bleibt, habe ich sogar einige Eiswürfel ins Wasser gelegt. Der geschlitzte Teil der Frühlingszwiebel-Stücke ringelt sich im Eiswasser hübsch nach außen.

Ich widme mich der Sauce. Leider finde ich das Rezept, an das ich dachte, nicht gleich und wühle in unserem Fundus. Gitti ist schon ein bisschen genervt. „Mach doch einfach irgendwas!“, wirft sie mir energisch entgegen. „Es wird schließlich eine Ente Surprise!“

Ja, warum eigentlich nicht? Ich schnappe mir Knoblauch, stückle ihn fein und röste ihn in Erdnussöl an. Während seine Farbe sich von weiß in goldgelb wandelt und er sein herrliches Aroma verströmt, rühre ich in einer Tasse einen flachen Esslöffel Speisestärke mit kaltem Wasser an. Das darf auf keinen Fall klumpen, also rühre ich wie eine Irre in der Tasse herum! Meine Mutter hielt früher für solche Sachen einen Schüttelbecher bereit, fällt mir ein, aber ich habe jetzt keine Zeit, in unserem Haushalt nach so einem Ding zu suchen.

Es wird Zeit, den Knoblauch zu retten. Ich lösche mit jeweils 3 Esslöffeln süßer und salziger Sojasauce ab, gebe unter ständigem Rühren die Stärke hinzu und lasse die Sauce kurz aufkochen. Wir haben heute keine frische Chilischote da, die hätte ich vielleicht sonst klein geschnitten und mit dem Knoblauch zusammen ins Öl gegeben. Heute greife ich zum Abschmecken der Sauce auf getrocknete Chilis und Pfeffer zurück, beides aus der Mühle.

Inzwischen kümmert sich Gitti weiter um den Teig. Auf einer bemehlten Unterlage rollt sie ihn flink aus, bis er etwa ½ cm dick vor ihr liegt. Gitti sucht nach einem Wasserglas. Kopfüber mit dem Rand voran eignet sich so ein Wasserglas nämlich hervorragend, um aus dem Teig Taler auszustechen. Die Taler haben einen Durchmesser von 6-7 cm. Gitti bestreicht die Hälfte der Taler mit Erdnussöl. Dann legt sie die unbestrichenen Taler auf die bestrichenen.

Ich stelle eine Pfanne auf den Herd und lasse sie heiß werden. Gitti rollt die Doppeldecker-Taler gemeinsam aus. Sobald sie eine Größe von etwa 15 cm im Durchmesser erreicht haben, legt Gitti die Doppeldecker in die trockene, heiße Pfanne. Nach einer Weile blähen sich die Taler auf und bekommen ein bisschen Farbe. Dann kann man sie wenden. Blähen sie sich wieder auf, sind sie auch schon fertig. Ab und zu reiben wir die heiße Pfanne kurz mit einem Küchenkrepp aus, um überschüssiges Mehl zu entfernen. Sonst verbrennt es nur – und das riecht und schmeckt nicht gut.

Auf einen Topf mit heißem Wasser hat Gitti einen Steamer gesetzt. Das ist so ein Bambuskorb mit Deckel und geschlitztem Boden. Es geht auch mit einem Sieb über dem Wasserbad. Den Boden haben wir mit etwas Küchenkrepp belegt, der Dampf strömt gut hindurch oder seitlich vorbei. Man kann auch eine Stoffserviette verwenden. Die soeben gebackenen Taler wandern nun also in den Dampf. Sie garen hier nicht weiter, sondern wir halten sie auf diese Weise nur warm.

Die Ente ist fertig! Gitti holt ihr duftendes, appetitlich gebräuntes Werk aus dem Ofen und zerlegt es fachgerecht in kleine Stücke. Stolz serviert sie die dampfenden Stücke auf einer Platte.

Inzwischen ist auch der Tisch gedeckt. Die Frühlingszwiebel-Pinsel liegen in einer großen Schüssel, die Sauce haben wir auf zwei ganz kleine Schüsselchen verteilt. So kann jede mit den Pinseln in ihrem eigenen Schüsselchen herumfuhrwerken. Der Steamer thront auf einem großen Teller und dampft immer noch vor sich hin. Eine Flasche Zweigelt aus dem Remstal darf nicht fehlen. Wir stoßen feierlich an.

Gitti lüftet den Deckel des Steamers. Sie schnappt sich einen der Taler aus dem Dampf. Das waren ja mal Doppeldecker, also zupft Gitti jetzt an der Nahtstelle. Der Taler entpuppt sich als ein kleines Täschchen. Wie geplant, wie schön! Gitti zieht jetzt also das kleine Täschchen, das sich beim Backen in der Pfanne schon so hübsch aufgebläht hat, einfach auf. Anschließend taucht sie einen der Frühlingszwiebel-Pinsel in die Sauce und streicht damit etwas davon ins Innere des Taler-Täschchens. Gitti legt behutsam ein Stück Ente hinein, legt den Pinsel auf das Stück Fleisch und klappt das Täschchen zu. Einen winzig kleinen Moment lang begutachtet Gitti mit leuchtenden Augen ihr Werk. Dann greift sie entschlossen zu – und beißt herzhaft hinein.

Wir genießen den köstlichen Wein und vor allem das köstliche Mahl. Sollen wir bei Gelegenheit mal aufschreiben, wie wir das gemacht haben, also außer: „gut“? Ja, vielleicht morgen. Heute sind wir beschäftigt, Ente sei Dank! Ein Prost auf die Surprise!

Rezept zur Ente Surprise

Zutaten

Ente 
1Ente
1 ELSherry Medium Dry
½ TLSalz
175°CUmluft: 1 ¼ h + ½ h
  
Marinade 
3 cmIngwer
2Schalotten
1 ½ LiterWasser
3 ELHonig
1 ELsüße Sojasauce
  
Täschchen 
300 gMehl
¼ LiterWasser
2 ELErdnussöl
  
Pinsel 
2 BundFrühlingszwiebeln
 Eiswasser
  
Sauce 
2-3 ZehenKnoblauch
1 gestr. ELSpeisestärke
3 ELsüße Sojasauce
3 ELsalzige Sojasauce
 Erdnussöl
 Chili, Pfeffer

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Tom

    Hallo Ihr Lieben!

    Das klingt wieder herrlich, ich wünsche guten Appetit gehabt zu haben. Wir hatten vor Weihnachten auch ein Vögelchen im Tiefkühler gefunden und dem armen kalten Ding barmherzig ein warmes Plätzchen in unserer Küche gegeben. Nachdem es sich dort so 3 Stündchen aufgewärmt hatte durfte es mit an den Esstisch.

    Was den Schüttelbecher angeht – so einen hatte meine Mutter früher auch – Boden und Deckel nach innen gezogen wie bei einer Sektflasche, um Klümpchen zu zerbrechen. In Läden habe ich die aber schon ewig nicht mehr gesehen – gibt es die überhaupt noch? Wir rühren derartiges (Mehlschwitze, Kakao Puddings….) immer in Bechern an.

  2. Mauro und Gianna

    Das hört sich nach einer tollen Überraschung an!
    Und sicher war es eine sehr leckere Mahlzeit, die zum Nachkocken animiert! 😋👩‍🍳

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