In jedem Leben gibt es ganz besondere Momente, und dazu zählen natürlich erste Male aller Art.
Zugegeben, an den ersten Kuss kann ich mich nicht wirklich erinnern. Das liegt vermutlich gar nicht daran, dass er nicht spektakulär oder besonders genug war. Es ist einfach schon ziemlich lange her, dass ich meinen ersten Kuss erhielt und erwiderte – oder war es andersherum? Siehst Du, ich weiß noch nicht einmal mehr so genau, mit wem ich meinen ersten Kuss erlebte und wie die genauen Begleitumstände waren. Ich habe da so einen Verdacht, aber die nackte Wahrheit ist, dass ich mich wirklich nicht mehr daran erinnern kann. Tut mir echt leid!
Es gibt viele erste Male, die ich erst deutlich später als erinnerungswerte Ereignisse einordnen konnte. Niemand gibt Dir vorher eine Liste und sagt: „Pass auf, wenn Du einmal etwas von dieser Liste erlebst. Merke Dir alle Details und alle Gefühle, die damit einhergehen. Man wird Dich Jahrzehnte später danach fragen! Und wenn Du dann keine Ahnung hast, wie das genau war, dann stehst Du als Trottel oder Ignorant oder als extrem gefühllos da!“
Mit zunehmendem Alter habe ich doch so einige Erlebnisse zumindest mal vorsichthalber abgespeichert. Andere sind von sich aus schon so eindrücklich, dass ich sie nie vergessen werde, auch wenn ich mich ums Abspeichern nicht aktiv gekümmert habe. Bei schönen Erlebnissen lasse ich mir das gerne gefallen.
Natürlich gibt es auch welche, die ich lieber weder erlebt noch später erinnert hätte, aber die gehören halt auch zum Leben. Nebenbei bemerkt leisteten sie wesentliche Beiträge zu meiner weiteren Entwicklung. Mit ausreichend viel Abstand betrachtet, sind ein paar dieser Erlebnisse also durchaus wertvoll. Den Rest dieser Kategorie kann ich nicht rückwirkend in die Tonne treten, auch wenn er da hingehörte. Deshalb lerne ich, mit ihnen umzugehen, und ich versuche, diesem Rest weniger Einfluss auf meine Zukunft zuzugestehen. Nur dort, also in der Zukunft, kann ich mit diesem unangenehmen Rest anders umgehen. Das birgt tolle Chancen, und die mag ich nicht ungenutzt lassen!
Zu den vielen schönen ersten Malen meines Lebens gehört auch, was sich heute ereignen wird. Ich bin gut auf diesen Abend vorbereitet, und ich weiß schon jetzt, dass er für mich ganz besonders werden wird.
Gestern erschien der fünfte Band meiner Buchreihe. Darauf bin ich echt stolz. Heute darf ich zum allerersten Mal vor einem handverlesenen, ganz privaten Publikum ein paar meiner Schmunzelstories vorlesen. Biggi und Tobi werden mich musikalisch begleiten. Unsere wunderbare Gastgeberin Sonja öffnet ihr Haus, und wir dürfen einen Teil des Abends gestalten. Gitti ist auch schon ganz aufgeregt.
Acht Geschichten habe ich herausgesucht. Die Gäste, die uns heute lauschen, sollen aber auf keinen Fall müde werden, und sie brauchen zwischen den Stories bestimmt ein bisschen Zeit. Diese Zeit hilft ihnen gewiss dabei, die soeben gehörte Story kurz nachhallen zu lassen und sich dann gleich danach auf die nächste Story einlassen und konzentrieren zu können.
Biggi und Tobi haben ein paar Musikstücke herausgesucht, die sie zwischen den Geschichten kurz anspielen. Diese Stücke spielen dabei selbstredend ebenfalls an, und zwar jeweils auf das Thema der gerade zuvor gelesenen Geschichte. Biggi singt mit ihrer unverwechselbaren warmen Stimme, Tobi zupft virtuos und mit viel Gefühl die Saiten seiner Gitarre.
Wir haben Spaß. Mal kichert es in der einen Ecke, mal in der anderen. Die von Biggi und Tobi getroffene Musik-Auswahl ist so gut gelungen und so wunderschön vorgetragen, dass am Ende sogar alle bereitwillig und lauthals mitsingen. Wir dürfen eine Zugabe geben, und dann lässt die kleine private Runde den Abend in hervorragender Stimmung gemeinsam ausklingen. Ich darf in viele fröhliche Gesichter schauen.
Für mich ist diese Lesung ein supertolles erstes Mal – und das muss ich mir gar nicht erst mühsam merken. Diesen Abend werde ich sicher nie vergessen! Danke an alle, die dabei waren!!
