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Feiner frischer Fisch

Mein Tagewerk habe ich vollendet. Zufrieden versetze ich nun das Arbeitszimmer in den Schlummermodus. Die Geräte sind vom Strom getrennt. Jetzt leuchtet weder ein Bildschirm noch ein Kontrolllämpchen. Der Platz am Schreibtisch wartet still auf die für den nächsten Tag geplanten Aktionen. Die Gasfeder unter der Sitzfläche meines Stuhls ist völlig entspannt. Als ich den Raum verlasse, dreht sich leise und erleichtert der Stuhlsitz noch ein wenig im Kreis. Das Zimmer ist ganz in eine friedliche Feierabendatmosphäre getaucht.

Im Treppenhaus duftet es. Behände fliege ich die Treppen hinauf, der herrliche Duft beschleunigt meinen Schritt. Die Duftschwaden ziehen mich auf direktem Weg in die Küche. Was Gitti dort wohl alles angestellt hat? Gleich werde ich es wissen. Es duftet so unglaublich frisch, mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen!

Aus der Küche dringt geschäftiges Klappern. Gitti empfängt mich mit einem: „Da bist Du ja endlich! Was war denn schon wieder los bei Euch?“ Statt einer Antwort atme ich tief durch die Nase ein, strahle Gitti an und erkundige mich, was es genau gibt.

„Es gibt feinen frischen Fisch. Filets von der Forelle! Flugs vom Flech …“ Gitti stampft kurz frustriert mit dem Fuß auf, weil der Fluch der vielen, mit einem F beginnenden Wörter ihre Zunge fest im Griff hat. Sich wortlos darüber beschwerend zeigt sie energisch auf den Backofen. Dann fängt sie sich wieder. „Holst Du uns einen Wein?“

Ich steppe also wieder die Treppen hinunter, wähle einen feinen Kerner und beeile mich treppauf, rechtzeitig wieder nach oben zu kommen. Unterwegs versuche ich schon einmal, die einzelnen Aromen genauer zu erschnüffeln.

Beim ersten Bissen schon stelle ich fest: „Der feine frische Fisch ist echt der Knaller! Fanz froßes Fino!“ Gitti freut sich, erhebt ihr Glas und ruft: „Froooost!“ Wir wünschen einander einen „Futen Fappettit“ und versuchen, dem Fluch des F flugs wieder zu entkommen. Das erweist sich als gar nicht so einfach …

Gitti berichtet von ihrem Werk. Sie hatte Forellenfilets erstanden, die sie auf der Haut braten wollte. Nach dem Waschen und dem sorgfältigen Absuchen nach Gräten, fiel Gitti auf, dass die Dinger einfach nicht zusammen in eine Pfanne passen. Jetzt stand die Pfanne aber schon auf dem Herd! Wie konnte das nur passieren!?! Gitti beschloss, die Fische dem Backblech zu übergeben und mit Butterstückchen vor dem Austrocknen zu bewahren. Vorwurfsvoll berichtet Gitti, dass ich ja noch nirgends zu sehen war. Heute Mittag hat sie sich schon gedacht, dass es heute bei mir länger dauern wird, aber so lang?!? Und dann hat sie ihre Pläne einfach umgestellt. Oder ausgeweitet? Das weiß nur Gitti allein.

Zuerst hackte Gitti einige Erdnüsse. In der Pfanne, die da so nutzlos auf dem Herd herumgammelte, röstete sie die Nüsse zusammen mit kleinen Knoblauchstückchen an und gab sie anschließend in eine Schüssel. Die Zesten einer Limette und die Blättchen einiger Thymianzweige fanden alsbald ebenfalls ihren Weg in das Schüsselchen. „Ein bisschen, wie Gremolata“, befand Gitti und stellte alles zur Seite.

Ein paar Scheiben unserer Brotreste wanderten im Anschluss in die Pfanne, zusammen mit einem Schuss Erdnussöl. Und da standen sie dann herum. Schließlich wollte Gitti mit dem Anrösten des Brotes warten, bis ich um die Ecke komme.

Gitti putzte Feldsalat, ersann ein leckeres Dressing und deckte den Tisch. Von mir immer noch keine Spur!

Langsam wuchsen in Gitti Hunger, Appetit und ein leichter Anflug von Ärger. Und was nun? Kurzerhand löste Gitti sich von ihrem Ärger. Sie holte ein Ei. Dann zog sie mit Ei, Öl, etwas Senf und Mangosirup schnell eine Blitzmayonnaise auf, gewürzt mit Pfeffer, Salz und Chili aus der Mühle.

Endlich waren meine Schritte im Treppenhaus zu hören!

Das Blech mit dem Fisch verschwand flugs im vorgeheizten Ofen, wo er in Windeseile übergrillt wurde. Nur ganz kurz und unterbrochen von einem schnellen Wendemanöver nach etwa zwei Minuten. Das Bröt röstete derweil in der Pfanne. Salat und Dressing trafen sich endlich in der Salatschüssel. Gitti und ich trafen uns am schön gedeckten Tisch.

Ja, und da sitzen wir nun: voll des guten Essens, voll des guten Weines und voll der Schwärmerei für Gittis Kunstwerk. Das müssen wir unbedingt bald wiederholen! Aber ohne Überstunden und gemeinsam zubereitet, versprochen!!

p.s.: Wir haben das ein paar Tage später noch einmal mit Schollenfilets und Toastbrot genossen … und wir werden weitere Varianten zubereiten!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Hört sich sehr lecker an, und wie wir eure Kochkünste kennen, ist es auch lecker! 😋😋

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