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Ohne Angst und Vorsatz

Zwischen meinem Zuhause und der restlichen Welt gibt es eine Tür. Vielleicht sind es auch mehrere, schließlich kommt ja auch so das eine oder andere Zeug virtuell herein. Aber es gibt immer mindestens eine reale Tür. Vor diesen ganzen Türen steht auch ständig etwas: Vor einer Woche noch lungerte Weihnachten vor der Tür herum, jetzt ist es das Neue Jahr. Danach wird es die Zukunft sein – oder erstmal nur der kleine Sommer namens Frühling? Oder ein Bote, der schöne Blumen bringt?

Immer, wenn das Neue Jahr vor der Tür steht, schrauben plötzlich alle Leute an ihren Erwartungen herum. Silvester empfinden sie als gesetzten Meilenstein. Hier wird Bilanz gezogen: Ziele erreicht oder verfehlt? Ziele gesetzt oder schon vorauseilend versagt? Es schüttelt mich. Ich friere, wenn ich nur daran denke!!

Meilensteine markieren häufig das Ende wichtiger Vorgänge. Wir verbinden damit feste Termine, bis zu denen etwas abgeschlossen sein muss. Manchmal markieren wir mit einem Meilenstein auch den Start von etwas anderem. Auf jeden Fall pflocken wir Erwartungen ein und das Bilanzieren soll gar nicht erst zum Spaß verkommen. Das alles ist nämlich eine total ernste Angelegenheit. Noch viel ernster als Karneval! Das ist ja zum Fürchten!!

Schon seit Jahren verstehe ich nicht mehr wirklich, was am Neuen Jahr so wichtig sein soll. Wozu soll ich ausgerechnet jetzt Vorsätze postulieren? Auch noch gute Vorsätze? Soll ich mir selbst Angst einjagen, indem ich riskiere, meine Ziele zu verfehlen? Das ist doch krank! Ich fahre total gut damit, den Jahreswechsel zu genießen, ohne mir extra etwas vorzunehmen.

Am ersten Januar ist bei uns immer Feiertag. Ist das nicht toll?

Ich weiß, diesmal fällt der Feiertag auf einen Samstag. Aber soll ich mich deshalb gleich so fühlen, als ob mir jemand in aller Boshaftigkeit einen freien Tag geklaut hätte? Wer soll das sein? Papst Gregor XIII, auf den unser Kalender zurückgeht? Der wusste noch nicht mal, dass wir hier einen Feiertag haben werden. Oder die Leute, die seit September 2006 unsere aktuell geltende Fassung der Norm DIN ISO 8601 verantworten? Niemand würde mir aus dem Schmerz über den geklauten Tag hinweghelfen. Eins ist klar: Ließe ich mich da richtig hineinfallen, könnte mich noch nicht mal Gitti retten!

Ich habe durchaus das eine oder andere Ziel vor Augen. Aber ich vermeide es tunlichst, angesichts dieser Ziele allzu großen Druck auf mich selbst zu erzeugen. Mein Leben läuft deshalb nicht gleich ohne Struktur, roten Faden und Wert. Und wenn es so wäre, wäre es nicht schlimm. Wem, wenn nicht mir selbst, stünde ein Urteil darüber zu? Und was würde ein solches Urteil zur Folge haben? Wäre ich plötzlich unglücklich? Wozu wäre das gut?!?

Ich konzentriere mich lieber darauf, ein schönes, buntes, lustiges Leben zu führen. Solange und so gut es eben geht. Ich will fröhlich sein, also bin ich fröhlich. Niemand außer mir könnte dafür Verantwortung übernehmen! Ein paar der Rahmenbedingungen kann ich nämlich beeinflussen! Mit dem Rest muss ich kreativ umgehen. Und ja: manchmal läuft es beschissen.

Wenn ich selbst so gar nichts tun kann, damit es wieder gut läuft, kann ich nur gucken, ob sich irgendwo ein Türchen öffnet, hinter dem es schöner ist. Ansonsten gilt: Finde heraus, wo vorne ist – da musst Du sowieso hin! Und dann versuche ich eben, dem da vorne etwas Positives abzugewinnen oder den Weg dorthin wenigstens mitzugestalten. Sobald das klappt, öffnet sich automatisch mein Gestaltungsraum. Alles wird plötzlich weit und offen, meine Kreativität hat wieder Platz und entfaltet sich. Meine Angst verfliegt oder wird wenigstens ein bisschen kleiner. Wenn es gut läuft, beginnt damit die nächste Party, und vorne ist es dann schön. Wenn gar nichts geht, habe ich wenigstens alles gegeben.

Ich vermute, dass ich am Samstag im Laufe des Tages die Tür öffne. Und davor steht dann nicht mehr das Neue Jahr. Das ist schließlich dann schon da. Vielleicht trete ich zusammen mit Gitti einfach durch die Tür nach draußen, und wir gehen spazieren. Vielleicht steht vor der Tür auch irgendeine schöne Überraschung, wer weiß? Steht da ein lieber Mensch, der fragt, ob wir Zeit und Lust haben, gemeinsam etwas zu erleben? Wir werden uns einfach überraschen lassen. Und dann rufen wir vielleicht: „Prost Neujahr! Schön, Dich zu sehen!“

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Mauro und Gianna

    Das ist einfach deine tollste Geschichte!
    Sie gefällt uns!
    Auf ein neues, fröhliches, großartiges Jahr mit vielen Überraschungen!
    Auf ein fröhliches Leben im hier und jetzt und auf sehr viel Freude wenn wir uns wieder sehen, und das Leben gemeinsam unbeschwert genießen dürfen!
    Das Leben ist schön und bunt!
    Ein Prost auf das Leben!

    Deine Freunde Mauro und Gianna 💕

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