Alles wird einfacher, alle werden glücklicher. So geht das Versprechen. Wir müssen nur ausmisten. Wir müssen uns trennen – also nicht gleich von unseren Liebsten, aber doch irgendwie von unseren liebsten Dingen.
Manche dieser liebsten Dinge sind gar nicht so allerliebst.
Ich wurde vor gefühlten hundert Jahren mal gefragt, was ich denn genau nach meinem Maschinenbau-Studium mal arbeiten möchte. Ich habe spontan geantwortet, und zwar ohne zu wissen, was ich da anrichte. Ich habe erzählt, dass ich mir zum Beispiel vorstellen könnte, Karusselle zu bauen. Technisch spannend, eine schöne Herausforderung und eine Chance, etwas zu tun, mit dem man ganz vielen Menschen Freude bereiten kann.
Wer mag nicht für die fröhlichen Gesichter, die man auf dem Gelände einer Kirmes sehen kann, mit verantwortlich sein? Ja gut, es gibt auch die grünen Gesichter der Leute, die sich vielleicht gleich die letzte Wurst noch mal durch den Kopf gehen lassen werden, aber vor meinem geistigen Auge sah ich in diesem Moment nur die rotbackigen, lachenden, glücklichen Menschen jeden Alters.
Was habe ich da nur angerichtet! Ich hatte wohl die zeitliche Nähe der Frage zu meinem nächsten Geburtstag nicht auf dem Schirm – und das Schicksal nahm seinen Lauf. Ich bekam ein rotes Plastik-Karussell. Ein kleines Riesenrad, mit einem Durchmesser von etwa zwanzig Zentimetern und vier Gondeln. Zum Aufziehen. Mit Musik. Welch eine… Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Es fand seinen Platz auf einem der Regale.
Weihnachten kam, und mit dem Fest der Liebe kamen Bausätze. Drei Stück! Mit winzig kleinen Plastikteilchen, Klebstoff und Spateln. Dazu Lämpchen. Und kleine Menschen, etwa fünfzehn Millimeter hoch, manche dieser Figürchen winkten mir fröhlich zu. Außerdem kleine Elektroantriebe und ein Trafo. Autsch! Ich musste basteln. Ich hasse Basteln!! Ich wollte lesen, aber doch keine Bastelanleitungen! Krimis hätte ich toll gefunden, oder Geschichten zum Schmunzeln…
Es folgten weitere Feste und weitere Bausätze. Das Regal beherbergte alsbald einen ganzen Jahrmarkt elender Staubfänger. Ich versuchte, endlich etwas gegen das sich hartnäckig haltende und sich auch noch weiterhin verbreitende Gerücht, ich würde Karusselle sammeln, zu unternehmen. Doch es war zu spät. Kein Entrinnen in Sicht.
Ich schloss mein Studium ab, trat meine erste Stelle als Ingenieurin an und baute keine Karusselle. Ich hatte noch viel spannendere Aufgaben gefunden. Vierhundertzwanzig Kilometer trennten die neue Wirkungsstätte von meiner heißgeliebten Studentenstadt. Ein neuer Lebensabschnitt begann.
Der kleine Jahrmarkt zog in einen Umzugskarton ein. Liebevoll verpackt fristete er sein Dasein fortan unbemerkt im Keller meines neuen Domizils. Ich habe den Karton zehn Jahre später beim nächsten Umzug gefunden, vorsichtshalber nicht wieder geöffnet und entsorgt. Wer weiß, vielleicht hätte ich sonst in einem Anflug von Nostalgie alles wieder aufgebaut… und abgestaubt… und verflucht… und abgestaubt… und so weiter.
Heute gilt: ich sammle nicht, habe ich ja eigentlich auch nie getan. Ich verschenke keine Stehrumsel und keine Staubabsel, jedenfalls nicht, wenn mir was Besseres einfällt. Mein Lieblings-Geschenk: gemeinsam erlebte Zeit. Mal sind es gemeinsame Veranstaltungs-Besuche, mal kulinarische Ausflüge, je nach Geschmack des zu beschenkenden Menschen – oder sitze ich da einem Gerücht auf, wenn ich denke, dass Gitti sich für… interessiert?
Ich liebe deine Storys..
Jaja, die Stehrumsel und Staubabsel. War da nicht auch mal die eine oder ander Schildkröte dabei, in Reminiszens an Miri frühmorgens? Grüße aus von den T’s…
Ja, die Schildkröten sind noch da – alle! Früh am Morgen lassen sich durchaus Ähnlichkeiten feststellen. Sie ist ein echtes Krafttier. Übrigens: Im Yoga gibt es eine wundervolle Übung mit dem Titel „Schildkröte“, die ich sehr mag.
Liebe Grüße
Soooo….. herzhaft gelacht 👍🏻👍🏻😀😀
DANKE – Du hast uns diesmal in Venedig in einem ruhigen Moment voll erwischt liebe Miriam…..
Schade dass die Geschichte schon zu Ende ist…..
Lust auf mehr 🤩🤩
🎡 🎡 🎡 🎡 🎡 🎡 🎡 usw……