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Sommerschlusstraum

Heute ist es wieder so weit: Herbstanfang. Brrr. Spontan stellen sich alle Härchen auf meinen Armen auf, ich beginne, zu frieren. Herbstanfang bedeutet, dass der Sommer mal wieder vorbei ist. Aber erst heute Abend um 21:21 Uhr! So lange ist auf jeden Fall noch Sommer!!

Da schaue ich doch gleich noch mal, was für ein Träumchen dieser Sommer war. Für mich war er prima, und dafür bin ich sehr dankbar! Andere hatten da nicht so viel Glück. Manche hatten mit bösen Überraschungen zu kämpfen und werden diesen Sommer ganz und gar nicht als schön in Erinnerung behalten. Der Ausdruck „ein Träumchen“ hat für sie leider einen sehr bitteren Geschmack. Und besonders diese Menschen möchte ich heute wenigstens einmal zum Schmunzeln bringen – weil das gut für die Seele ist.

In diesem Sommer waren Gitti und ich auf einer tollen Veranstaltung. Draußen, bei gutem Wetter, vor einem kleinen Lustschloss in unserer Nähe. Und dort wurden wir entführt in die Geschichte des Sommernachtstraums und die wunderbare Musik, die Mendelssohn Bartholdy später dazu geschrieben hat.

Sommernachtstraum? Wie war das nochmal? Shakespeare, oder? Ja, genau! Aber die haben an diesem Abend nicht das ganze Schauspiel aufgeführt. Ein Orchester spielte die Musik. Eine Schauspielerin und ein Schauspieler steuerten Textpassagen bei, die uns dabei halfen, uns in der Geschichte zu orientieren. Und dann gab es noch einen Elfenchor, der die Atmosphäre verstärkte.

Shakespeare lebte ja in einer Zeit, in der London insgesamt elf Mal von der Pest heimgesucht wurde. Seine Zeitgenossen und er hielten mit ihrer puren Lebenslust kräftig dagegen. Sie schlemmten und liebten, was das Zeug hält. Und Shakespeare ersann eine irrwitzige Komödie: seinen Sommernachtstraum.

Komm mit und lass Dich mit Gitti und mir zusammen noch einmal in die Geschichte fallen!

Shakespeare nimmt uns mit in die Zeit um die Sommersonnenwende. Es ist also Juni. Am Hof von Athen steht die Hochzeit des Herrschers Theseus mit der Amazonenkönigin Hippolytha an, und die Feierlichkeiten werden vorbereitet.

Der Edelmann Lysander und Hermia, die Tochter eines Adligen, sind schwer ineinander verliebt. Hermias Freundin heißt Helena, und sie ist in Demetrius verliebt. Hermias Vater hat sich leider in den Kopf gesetzt, dass Hermia Demetrius heiraten soll. Die weigert sich, weil sie ja lieber Lysander heiraten will, und ihr Vater setzt beim Herrscher Theseus durch, dass sie zwischen Tod und Verbannung wählen kann, wenn sie sich weiter weigert. Also hauen Hermia und Lysander ab, verabreden sich aber mit Helena für den nächsten Abend im Wald. Helena vertraut den Plan Demetrius an. Na, das kann ja nur schiefgehen!

Eine Gruppe von Handwerkern will zur Hochzeit von Theseus und Hippolytha ein Theaterstück aufführen. Sie verabreden sich ebenfalls für den nächsten Abend im Wald, wo sie ihren Auftritt proben wollen.

Bei dem Wald handelt es sich natürlich um einen verzauberten Wald. Dort herrscht der Elfenkönig Oberon. Und ausgerechnet jetzt hat er Streit mit seiner Frau, der Feenkönigin Titania. Eigentlich geht es um eine Art Sorgerechtsstreit, aber bald werfen sie sich gegenseitige Untreue vor. Es stellt sich heraus, dass die beiden über Kreuz Affären mit Theseus und Hippolytha hatten. Oberon ist sauer und will sich an Titania rächen, die ihm im Streit um das Kind nicht nachgibt, ihre Affäre abstreitet und Oberon auch noch einfach stehen lässt. Er beauftragt den Hofnarr Puck, ein wildes Stiefmütterchen zu beschaffen. Der Saft dieser Pflanze bewirkt nämlich eine Liebesraserei. Das funktioniert so: Man träufelt einem Menschen im Schlaf etwas von diesem Saft auf die Augenlider, und wenn er dann erwacht, wird er sich rasend in das nächste Lebewesen verlieben, dass er zu Gesicht bekommt.

Gut, Oberon will also, dass Titania sich in irgendein dahergelaufenes Wesen verliebt und ihm folgen muss, möglichst einem Scheusal. Er nimmt sich vor, sie mit Hilfe einer anderen Pflanze von diesem Zauber zu erlösen, sobald sie im Sorgerechtsstreit einlenkt. Wer macht denn sowas!?!

Mittlerweile sucht Demetrius im Wald nach Lysander. Den will er nämlich dringend umbringen. Und Helena rennt hinter ihm her, weil sie ja so schwer in ihn verliebt ist. Demetrius hat aber nur Augen für Hermia. Und Helena nervt ihn, sie lässt sich nämlich nicht abschütteln. Jetzt bekommt Oberon mit, wie Demetrius Helena abweist. Der ist echt übel drauf! Gitti fragt sich schon, warum Helena sich das überhaupt antut. Die Verschmähte tut dem Elfenkönig leid. Kurz darauf kommt Puck endlich mit der Pflanze zurück, und Oberon beauftragt ihn, Demetrius zu suchen, ihn im Schlaf mit dem Stiefmütterchensaft zu behandeln und dafür zu sorgen, dass er sich beim Aufwachen in Helena verliebt. Puck weiß nicht so genau, wie Demetrius aussieht und zieht mit einer dürftigen Beschreibung los. Das kann ja nicht gutgehen!

Oberon behält einen Teil des Stiefmütterchens und macht sich auf die Suche nach der Feenkönigin Titania, um seinen eigentlichen Racheplan auszuführen.

Puck findet Lysander, der neben Hermia schläft und hält ihn für Demetrius. Also träufelt er den Saft auf Lysanders Augenlider und verschwindet wieder. Helena kommt, stolpert über Lysanders Bein, der wacht auf, sieht sie – und der Zauber wirkt. Liebestoll folgt Lysander jetzt Helena, die immer noch Demetrius hinterherrennt. Hermia wacht aus einem Albtraum auf, stellt fest, dass sie alleine ist und läuft jetzt angsterfüllt ebenfalls durch den Wald.

Puck beobachtet die Handwerker bei ihrer Probe für das Stück. Er verwandelt den Kopf eines der Handwerker in einen Eselskopf. Wahrscheinlich nur so zum Spaß, schließlich ist er selbst ja der Hofnarr des Elfenkönigs. Jedenfalls haben die Mitspieler plötzlich Angst vor dem Kollegen mit dem Eselskopf, und so rennt jetzt auch diese Gruppe verstreut durch den Wald. Welch ein Gerenne!

Gitti und ich verlieren langsam den Überblick und wünschen uns ein Soziogramm.

Die Verwechslungskomödie nimmt weiter an Fahrt auf. Der mit dem Eselskopf fängt an zu singen, weckt damit Titania und die verliebt sich prompt in ihn. Geht ja nicht anders! Oberon freut sich.

Inzwischen ist Hermia stocksauer auf Demetrius, weil sie glaubt, dass er ihren Lysander umgebracht hat. Es gibt einen handfesten Streit, in dessen Folge Hermia wütend abzischt. Demetrius empfindet das alles als extrem anstrengend, ist jetzt müde und haut sich auf‘s Ohr. Oberon und Puck gucken zu. Dadurch fliegt auf, dass Puck den falschen Mann liebeskrank gemacht hat. Also soll Puck das wieder in Ordnung bringen, und für ihn heißt das: Helena suchen und herbringen. Oberon selbst tropft derweil dem inzwischen eingeschlafenen Demetrius was auf die Augen. Als Puck mit Helena zurückkommt, wacht Demetrius auf und verliebt sich auf den ersten Blick jetzt in Helena, die ja sowieso scharf auf ihn war. Das erste Liebespaar ist also prima zugeordnet. Läuft, oder?

Weiteren Streit gibt es allerdings, weil Lysander ja wegen der Tropfen immer noch in Helena verknallt ist und sie die ganze Zeit umschwärmt. Hermia taucht wieder auf, und jetzt entbrennt natürlich auch ein erbitterter Streit unter den Frauen. Lysander und Demetrius gelangen zu der Ansicht, sich duellieren zu müssen. Welch ein Chaos! Kurz und gut, statt Liebe wurde mit dem Stiefmütterchensaft also bis jetzt vor allem Streit erzeugt.

Oberon ist not amused und macht seinem Hofnarr Puck ordentlich Druck. Na ja, und der rennt jetzt auch noch durch den Wald, den Streitenden hinterher. Als die endlich alle völlig erschöpft einschlafen, wendet er das Zaubermittel noch einmal bei Lysander an und sorgt dafür, dass der sich wieder ordnungsgemäß in seine Hermia verliebt. Puh. Gitti kuschelt sich an meine Schulter.

Während Puck also diese Baustelle aufgeräumt hat, kümmert Oberon sich um seine eigene Baustelle. Er setzt sich noch einmal mit Titania auseinander und endlich gibt sie ihm im Sorgerechtsstreit nach. So löst Oberon ihren Zauber dann endlich auf und richtet es so ein, dass sie sich an ihr Erlebnis mit dem Esel-Handwerker nur als einen wirren Traum erinnert.

Hofnarr Puck muss derweil diesem Handwerker den Eselskopf wieder wegzaubern. Er sorgt dafür, dass er bei den anderen Handwerkern aufwachen wird. Diese Bande ist also auch wieder zusammen, und auch hier wird die Erinnerung an die Ereignisse einem wirren Traum gleichen.

Am nächsten Morgen gehen Theseus, seine Verlobte Hippolytha und der Vater von Hermia auf die Jagd. Sie finden die beiden Liebespaare am Waldrand. Weil die alle so glücklich sind, will Theseus von Tod oder Verbannung nichts mehr wissen, auch wenn Hermias Vater immer noch protestiert. Im Gegenteil, Theseus verfügt eine schicke Dreierhochzeit. Natürlich mit dem bekannten Hochzeitsmarsch! Ein bisschen Kitsch muss einfach sein.

Es wird natürlich ordentlich gefeiert. Die Handwerker führen ihr Stück auf. Unter den Gästen befinden sich heimlich auch Oberon und Titania. Und die beiden sorgen mit ihrem Segen zum Schluss auch noch dafür, dass den Liebespaaren und deren künftigen Kindern nie ein Leid geschehen wird und sie stets glücklich bleiben. Ach, wie schön!

Nach der Veranstaltung klingt die Musik noch lange in unseren Ohren nach. Auf der Heimfahrt sind Gitti und ich seltsam still. Die Geschichte und die Musik haben einen Weg in unsere Herzen gefunden und wir spüren den Harmonien nach.

Tja, und heute ist also Herbstanfang. Tag und Nacht sind gleich lang, das ist an sich ja schon etwas, was ich mit Harmonie assoziiere. Was heute Nacht wohl so alles passieren wird? Gitti und ich sind schon gespannt. Mir sind zwar keine speziellen Bräuche oder Mythen zum Herbstanfang bekannt, aber es lohnt sich bestimmt, die eigenen Träume heute besonders zu genießen.

Auch wenn die Tage jetzt erstmal kürzer werden: Nach dem Sommer ist vor dem Sommer!! Ich freue mich schon!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Mauro und Gianna

    Liebe Miri, danke dass du uns noch einmal in das wunderbare Theaterstück mit deiner Geschichte hier mitnimmst! Ja, mit Sicherheit war es nicht für alle Menschen ein Traumsommer, da hast du vollkommen recht. Wir beide sind sehr dankbar, mit dir und mit Gitti befreundet zu sein und für all die schönen gemeinsamen Unternehmungen, für das gemeinsame Lachen und vor allem für die gemeinsame Zeit.
    Für uns war es ein schöner Sommer!
    Auch deine Storys haben sich bei uns beiden zu einem Ritual entwickelt. Wir nehmen uns gemeinsam die Zeit dafür, um deine Geschichte zu genießen.
    Danke für die wöchentliche Entführung aus dem Alltag…..

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