Meine freie Zeit empfinde ich als kostbar. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass ich frei über sie verfügen kann. Ich muss diese Zeit keinem speziellen Sinn widmen, kann es aber tun, wenn es mir gefällt. Niemandem gegenüber ist Rechenschaft darüber abzulegen, was in dieser Zeit geschieht. Es darf gerne auch mal nichts sein, zum Beispiel in Form eines in die Luft geguckten Loches oder eines untätigen Herumsitzens.
Einen Teil meiner freien Zeit verbringe ich gerne mit anderen Menschen zusammen. Damit ist sie automatisch nicht mehr ganz so frei, lässt sich aber dennoch oft als frei empfinden. Das gelingt, wenn sich alle miteinander wohl fühlen. Gegenseitige Rücksichtnahme ist unbedingt geboten. Gemeinsam übernehmen wir die Verantwortung dafür, dass die zusammen verbrachte Freizeit später als gelungenes Erlebnis erinnert wird. Natürlich kann das auch mal in die Hose gehen. Zum Glück gelingt es uns aber meistens, diese Zeit zu genießen.
Der Morgen des heutigen freien Tages ist noch jung. Ich werde ihn mit Gitti beginnen. Später lassen wir uns vermutlich gemeinsam treiben. Spezielle Pläne haben wir beide nicht gemacht. Wir starten mit einem leckeren Cappuccino im Bett, garniert mit ein wenig Berieselung aus dem Fernseher.
Der Bericht über eine Spielemesse weckt unsere Aufmerksamkeit. Spiele finden Gitti und ich grundsätzlich gut. Alle? Nein, natürlich nicht alle!
Mit Ego-Shootern können wir beide zum Beispiel gar nichts anfangen. Beim Klassiker Monopoly kommt es sehr darauf an, mit wem man es spielt. Sobald es um Gehässigkeiten oder rücksichtslosen Kampf geht, steigen sowohl Gitti als auch ich aus. Das finden wir nicht interessant. Kreative Spiele liegen uns dagegen sehr. Aber auch andere Spiele haben ihren Reiz. Gitti und ich spielen gerne. Mal machen wir das ganz alleine, also jede für sich, mal zu zweit und mal in fröhlicher Runde mit mehreren Leuten zusammen.
Spiele sind Moden unterworfen. Welche Arten von Spielen sind wohl gerade aktuell? Gespannt lauschen wir dem Bericht von der Spielemesse.
Habe ich da gerade Pac-Man als Brettspiel gesehen? Ich stupse Gitti an. Sie erinnert sich auch noch lebhaft an das alte Computerspiel. Wir erkennen das gelbe, gefräßige Dings, das sich vom Spieler gesteuert auf verschiedenen Leveln durch ein Labyrinth frisst. Es muss möglichst viele Punkte fressen und wird dabei von bunten Gespenstern verfolgt. Die hektische Begleitmusik des Spiels haben wir damals beide stets abgedreht, das war echt nicht zum Aushalten! Das Spiel war einfach, eigentlich völlig unnütz und hatte großes Suchtpotenzial. Immerhin war man während des Spiels derart absorbiert, dass es im Kopf keinen Platz mehr für Grübeleien oder Trübsinn gab. Jetzt steht das Spiel also als Brettspiel zur Verfügung – mit Würfeln und deutlich weniger Hektik.
Bemerkenswert findet Gitti, dass hier die Entwicklungsrichtung einmal umgekehrt ist. Ich verstehe nicht sofort, was sie meint. Also erhalte ich den Hinweis, einmal über digitale und analoge Spielarten nachzudenken. Ich streiche die Bettdecke glatt, unter der ich es mir so gemütlich gemacht habe und werfe mein inneres Logikzentrum an. Ah, jetzt erschließt sich mir ihr Gedanke! Wir sehen hier zum ersten Mal, dass ein ursprünglich digitales Spiel seinen Weg in die analoge Welt gefunden hat. Sonst war es immer andersherum.
Wir lauschen weiter dem Fernsehbericht und erfahren, dass zurzeit vor allem Spiele im Trend liegen, bei denen die Spieler zusammenarbeiten müssen, statt sich gegenseitig zu bekämpfen. Das klingt vielversprechend und weckt meine Neugierde.
Ich drehe mich ein wenig und zupfe an meinem Kissen, um noch bequemer sitzen zu können. Die Fernbedienung stürzt sich unbemerkt von der Bettdecke aufs Laken. Ich setze mich wieder gerade hin. In der Folge stellen Gitti und ich fest: Wenn man den weiteren Bericht ohne Tonspur verfolgt, kommt man auf die Idee, es handle sich um eine Reportage vom Flughafen.
„Guck mal, die Laufen da alle mit Rollkoffern rum!“, ruft Gitti. Ja, das Publikum deckt sich auf der Messe mit neuen Spielen ein. Die wiegen sicher so einiges. Ein Rollkoffer ist da echt hilfreich.
Vergnügt beschließen Gitti und ich, uns demnächst selbst kundig zu machen. In einem richtigen analogen Geschäft, in dem sie Spielwaren verkaufen! Vielleicht finden wir ja ein tolles neues Spiel – und dann, liebe Freunde, werden wir uns mit Euch zusammen spielend erholen!
Diese Aussicht gibt mir jetzt schon richtig Schwung. Behände schwingen wir die Beine aus dem Bett. Ich bin schon gespannt, wie sich unser freier Tag entwickeln wird. Und bereits jetzt fühle ich mich sogar schon ganz leicht und locker, also im besten Sinne spielend erholt.