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Sprichwörter

Sprichwörter begleiten uns im Alltag, sie verzieren unsere Kommunikation, und wir bemühen sie gerne, um unserer Lebenserfahrung Ausdruck zu verleihen. Traditionell handelt es sich um eher volkstümliche Aussagen, die ein Verhalten, eine Verhaltensfolge oder einen Zustand betreffen. Sie sind kurz und prägnant, dabei häufig bildhaft, verallgemeinernd und gut einprägsam. Am liebsten nutzen wir sie, um Lebensregeln oder Weisheiten unter die Leute zu bringen. Doch Vorsicht! Manche Aussagen wirken dann leider nur wie eine unbedacht dahergeplapperte Reaktion auf die Aufforderung: „Sprich Worte!“

Keine Angst, ich werde jetzt nicht versuchen, Sprichwörter sauber von geflügelten Worten, Redewendungen und sonstigen Sprüchen abzugrenzen. Andere Menschen kennen sich damit besser aus! Experten auf diesem Teilgebiet der Sprachwissenschaften heißen Parömiologen, ein Sammler von Sprichwörtern ist der Parömiograph, seine Kollegin nennen wir dann Parömiographin – hier nochmal extra aufgeführt, weil Ihr Euch beim Lesen dann so schön die Zunge verknoten könnt…

Gitti liebt es, sich kompakt auszudrücken. Sie verdichtet ihre Aussagen, jedoch nicht im Sinne von ver-dichten, also als Ergebnis eines ungereimt daherkommenden Reim-Unfalls, sondern durch konsequente Anwendung ihrer Technik zur Zusammenfassung aller wichtigen Bestandteile einer Aussage.

„Wie man sich bettet, so schallt es heraus!“ ist eines von vielen Beispielen hierzu und umschreibt eigentlich alles, was man in vielen Lebenslagen über Konsequenzen wissen muss. Gitti platziert diese Zusammenführung zweier Sprichworte gerne, um ihr Gegenüber zu komplexen Konsequenzanalysen des eigenen Verhaltens anzuregen. Das kommt so harmlos daher, dass man es auch einfach weglachen kann, aber wer sich darauf einlässt, begibt sich meist auf eine spannende Reise zu sich selbst im Spiegel der anderen.

Entscheidet selbst, ob aus dem Bett nun die Flatulenz in Gestalt eines warmen, geräuschvollen Windes schallt, oder ob Ihr gerade jetzt und hier Lust habt, Euch jenseits des schnellen Witzes mit Euch und der Welt auseinanderzusetzen! Die umgekehrte Zusammenfassung funktioniert in diesem Fall übrigens auch: „Wie man in den Wald hineinruft, so liegt man!“ Wer hierüber nachdenkt, kommt auf seiner virtuellen Reise vielleicht an ganz anderen Stationen vorbei, viel Spaß dabei!

Erfrischend und verblüffend spielt Gitti mit unserer Sprache und unseren Gepflogenheiten. Manchmal will sie damit nur spontan Freude verbreiten. So ganz ohne Hintergedanken! In der Regel behält sie dabei ihre Absichten für sich.

Mitten in die kurz entstandene Stille des gemeinsamen Abendessens hinein sagt Gitti: „Ist die Katze aus dem Haus, frisst der Teufel Fliegen – und in der Not tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“ Kann ich entspannt schmunzeln oder gibt es da einen Subtext, der mich alarmieren müsste? Ich krame leise im zurückliegenden Tischgespräch nach Hinweisen, finde aber nichts. In Gedanken suche ich weiter. Da ist nichts, wozu die Aussage passen könnte, echt nicht!

Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss nachfragen: „Wie meinst Du das jetzt?“ „Was denn?“, entgegnet sie. „Mir fehlt der Kontext!“, erkläre ich meine scheinbar unglaublich blöde Frage. „Na, dann denk mal nach!“, legt sie nach und grinst zufrieden. Angesichts ihres Mienenspiels komme ich nach mehreren Anläufen dann doch zu dem Schluss, dass sie gerade einfach nur Spaß daran hat, ein wenig Verunsicherung zu verbreiten. Klar ist und bleibt trotz allem: Gitti ist nicht gemein, sie lässt sich nur nicht gerne ausfragen! Wir kichern uns durch den restlichen Abend, den wir mit etwas Wein und einem schönen Film beschließen.

Am nächsten Morgen bringt sie mir einen duftenden Kaffee und weckt mich liebevoll damit. Ich nippe eine Weile lang immer wieder an dem heißen Wundertrunk, der Hirn und Seele belebt, dann lächle ich sie an und sage: „Morgenstund hat Gold im Mund, und Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ „Ja, und?“, erwidert Gitti. „Die Morgenstund beginnt in der Regel mit müßigem Herumliegen im Bett. So ist klar, dass Morgenstund aller Laster Anfang sein muss!“

Ich bin fest entschlossen, mich heute von nichts und niemandem abschrecken zu lassen und rate konsequent allen, den Tag vor dem Abend zu loben, jedenfalls, solange es noch geht!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Thomas

    Man muss hat den Laster Loben, bevor man in den Unterfahrschutz knallt! Vielen Dank für diese sehr nette Anregung.

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