Gitti weiß virtuos mit den vielen Methoden der Didaktik umzugehen, sie kennt sich da echt gut aus. Einige dieser Methoden sind mir seit meiner eigenen Schulzeit bereits bekannt, von anderen erfuhr ich ganz praktisch durch Zuschauen und Zuhören – vor allem bei Gitti. Wenn man Gitti nämlich gut zuhört und ihr bewusst zuschaut, kann man echt viel lernen.
Im Laufe der Zeit gab es für mich zudem auch im beruflichen Umfeld allerlei Gelegenheiten, mich ganz konkret mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Oft ging es dabei um den Entwurf eines Vortrags, die Erstellung einer schönen Präsentation oder um die Planung von Schulungen oder sonstigen Veranstaltungen.
Immer wieder ist es spannend und vor allem notwendig, zuerst sehr genau zu überlegen, was eigentlich das Ziel der Veranstaltung sein soll. Das klingt so banal, entpuppt sich aber erstaunlich oft als das Hauptproblem. Oft geht es mir so: Es gibt eine Art Überschrift und den Auftrag, dazu etwas zu präsentieren. Vielleicht gibt es auch noch einen Termin. Und das war es dann auch schon!
Der Inhalt folgt und dient stets dem Ziel. Wenn meinem Auftraggeber nicht zu entlocken ist, was erreicht werden soll, muss ich mir die Veranstaltungsziele eben selbst setzen. Früher habe ich mich darüber immer aufgeregt. Ich schimpfte vor mich hin und litt wortreich, heulte mich also manchmal bei Kollegen aus. Diesen Schlenker erspare ich mir inzwischen. Wenn mich heute eine nur nebulös formulierte Aufforderung zur Präsentation erreicht, bin ich nicht mehr böse, denn: Das birgt vielleicht mehr Arbeit, aber definitiv auch mehr Freiheit, mehr Möglichkeiten und auf allen Seiten mehr Freude!
So kremple ich innerlich die Ärmel hoch. Dann setze ich die Ziele, finde eine schöne und vor allem treffende Überschrift und überlege mir, wie ich die Leute erreichen und unterhalten kann. Eigentlich geht es immer darum, eine Geschichte zu erzählen. Auch wenn am Schluss jemand „nur“ wissen soll, welche Arbeitsschritte aufeinander folgen sollen – wenn die Geschichte gut aufgebaut ist, wird man sich länger und besser an ihren Inhalt erinnern!
Der später abzurufenden Erinnerung liefert die erzählte Geschichte ganz nebenbei einen Haufen Anknüpfungspunkte. Die Leute docken an. Sie knüpfen Gefühle an die eigentlich trockenen Inhalte. Sie erinnern sich an Bilder, an eine gelungene Veranstaltung und im besten Fall sogar an eine kleine Pointe.
Manchmal ist der stumme Impuls ein guter Einstieg. Man zeigt ein Bild oder einen Gegenstand. Ohne Kommentar! Und plötzlich wabern allerlei Assoziationsketten durch den Raum. Die Leute werden aktiviert. Aber Vorsicht! Wenn es blöd läuft, hat man in dieser Sekunde schon verloren. Schließlich tickt jeder anders. Meine Assoziationsketten laufen vielleicht in eine ganz andere Richtung als die der anderen Leute.
Und so ist es auch jetzt. Ich habe nämlich gar nicht vor, jetzt tolle Präsentationstechniken zu präsentieren! Meine Assoziationen machen an genau dieser Stelle einfach, was sie wollen. Und sie starten gerade mit dem stummen Impuls und hüpfen hurtig zu dessen Anwendung in ganz anderen Situationen.
Wenn ich beim Verlassen des Hauses noch dringend daran denken will, etwas mitzunehmen, dann brauche ich manchmal eine Erinnerungsstütze. Mir den Müllsack in den Flur zu stellen, nur damit ich später entweder darüber stolpere oder ihn dann doch endlich nach draußen in die Tonne bringe, ist doof. Ein kleiner Zettel, der im Flur kurz vor der Tür auf dem Boden liegt, reicht da vielleicht auch schon. Es muss nicht immer ein Taschentuch mit Knoten sein! Aber auch das ist ein schöner stummer Impuls … jedenfalls, wenn man sich daran erinnert, an was einen der Knoten im Taschentuch dieses Mal erinnern soll.
In der Kommunikation mit seinen Liebsten eignet sich ein stummer Impuls ebenso. Man muss aber stets damit rechnen, dass der Adressat des Impulses stumm über den so schön platzierten Zettel steigt. Davon kommt der Müll dann auch nicht in die Tonne.
Gitti und ich versuchen es lieber mit direkter Ansprache und formulieren dann eine klare Bitte. Was den Müll angeht, beherzigen wir den guten alten Rat: „Gehe nie leer!“ Jedenfalls, so gut es geht. Das bedeutet, dass wir vor Verlassen des Hauses kurz überlegen, was auf dem Weg leicht mit zu erledigen ist. Das funktioniert ganz gut, auch bei kurzen Wegen, die nur von einem Zimmer in ein anderes führen.
Gitti reißt mich aus meinen Gedanken. Sie ruft: „Da draußen liegt ein Pfeil auf dem Tisch!“
Ich schrecke auf. Wie von Geisterhand zieht es mich aus dem Sessel. Ich folge der Richtung, in die ihr ausgestreckter Arm weist. Gitti hat die Türen zum Balkon aufgerissen, um mal wieder Luft hereinzulassen. Nun stehe ich überraschend draußen in der Kälte und starre ungläubig auf den Tisch, der dort noch steht. Auf dem Tisch liegt ein herbstlich eingefärbtes Blatt. Wind und Wetter haben es zu einem Pfeil geformt und auf den Tisch geklebt. Und der Pfeil weist geradewegs nach drinnen. Mich durchzuckt ein Schauer.
Klar ist: Der Tisch muss bald rein. Der will rein! Fangen jetzt schon die häuslichen Gegenstände an, uns stumme Impulse zu übermitteln? Geht’s noch?!?