Feste wollen gefeiert werden! Möchtest Du auf so manches Fest lieber verzichten? Liegt es an den zu erwartenden Gästen, auf die Du treffen wirst? Sind das Leute, mit denen Du freiwillig und ohne Not schon längst keinen Kontakt mehr pflegen würdest? Keine Sorge, Du bist nicht allein!
Auf der Suche nach einem Termin für ein gemeinsames Treffen berichtet mir eine sehr liebe, sympathische Frau vom Veranstaltungskalender ihrer Familie. Offensichtlich gibt es dort einige Pflichttermine, die sie am liebsten schwänzen würde – aber das geht natürlich nicht. Aus Gründen!
Einige dieser Gründe liegen klar auf der Hand, andere sind nachvollziehbar, wenngleich nicht zwingend. So hier und da findet die gute Frau eine Veranstaltung, der sie nur entkommen kann, wenn sie andere, selbstredend schwerwiegende Gründe vorbringen kann, die ihr Fernbleiben rechtfertigen. Zu diesen Gründen gehört ausdrücklich nicht, keinen Bock zu haben.
Weihnachten, Silvester und ein paar Geburtstage hat sie schon hinter sich gebracht. Ostern wirft seine Schatten bereits voraus, dann folgt der unausweichliche Muttertag. Kurz danach trifft man sich zu Pfingsten. Bezogen auf Christi Himmelfahrt und Fronleichnam haben sie sich vor ein paar Jahren bereits darauf verständigt, auf ein wiederkehrendes Familientreffen zu verzichten. Die Erleichterung darüber verspürt sie seither nicht allein, wenngleich keiner der anderen das ihr gegenüber eingestehen mag. Hochzeiten und mögliche Folgetermine, wie etwa Taufen, stehen wohl frühestens in ein paar Jahren wieder an. Je größer die Familie wird, desto mehr Geburtstags- oder sonstige Feiern sind zu absolvieren.
Gemeinsam stöhnen wir auf. Sie hat es echt nicht leicht!
Sie erzählt mir von ihrer neuen Schwiegermutter-Strategie, die sie inzwischen erfolgreich anwendet und bringt sie auf eine kurze Formel: Schlucken, Schweigen, Schenken.
Zuerst bin ich geschockt. Dann überlege ich, was sie stattdessen tun könnte. Eine affektgesteuerte Abwehr ließe sich vielleicht auf diese Formel bringen: Spucken, Schreien, Kränken.
Selbstredend gebiert solch eine Reaktion nur neue Probleme.
Dann fällt mir ein, dass es auf der anderen Seite des Konfliktes vermutlich nicht besser aussieht. Ob dort wohl auch mit Schlucken, Schweigen und Schenken agiert wird? Jedenfalls bis zur nächsten Provokation?
Im familiären Kontext, aber auch bei anderen, wahlweise privat oder beruflich bedingten Pflichtterminen muss man sich manchmal ziemlich zusammenreißen. Dabei geht es um die Wahrung des Friedens, das Aushalten merkwürdiger Ansichten oder Eigenschaften und die Sehnsucht nach selbstbestimmt verbrachter Zeit.
Zum Glück gibt es aber auch einen Haufen Veranstaltungen, auf die man sich vorbehaltlos freut – und die werden meistens auch richtig schön.
Auf Zusammenkünfte, denen ich nicht ausweichen kann, so sehr ich das auch wollen würde, bereite ich mich manchmal mit etwas Konfetti vor. Dafür muss ich weder meinen Locher leeren noch teures Konfetti kaufen, sondern nur ein bisschen Phantasie mit gutem Willen vermischen. Das Gemisch ist unsichtbar, passt in jede Tasche, zur Not sogar in eine von mir nur gedacht mitgeführte Tasche. Wenn ich mich arg zusammenreißen muss, versenke ich dann kurz meinen Daumen, den Zeigefinger und den mittleren Finger in der Tasche, ergreife dort ein paar der Konfettischnipsel, tauche mit den Fingern aus der Tasche wieder auf und werfe mein Konfetti dann einfach mit einem Lächeln in die Luft.
Genau an dieser Stelle ist es sogar hilfreich, dass niemand außer mir das Konfetti sehen kann. Wer mich kennt, der erwischt mich eventuell mal bei der zugehörigen Bewegung. Die führe ich so hier und da nämlich wirklich aus. Nicht immer, aber eben so hier und da. Wenn das nicht geht, stelle ich mir das Werfen des Konfettis halt vor, denn auf dieses Detail kommt es dann echt nicht mehr an.
Was ich damit erreiche? Ich pflücke mich selbst ab, nehme mich also einen winzigen Moment lang aus der Situation heraus. Das unterbricht meine üblichen Reaktionsketten. Es wirkt wie ein kurzes Aufatmen und öffnet vielleicht sogar einen Raum für Alternativen. Niemand weiß, dass ich mich gerade an einem Konfettiregen erfreue, dessen Spuren ich später noch nicht einmal selbst wegräumen muss. Ich erfreue mich kurz an der Absurdität meines Handelns und entfliehe der Absurdität der blöden Situation, der ich nicht ausweichen konnte. Die meisten solcher Situationen kommen mir bei näherer Betrachtung wirklich absurd vor. Mit ein wenig Glück verpasse ich derweil die nächste Provokation.
Natürlich rettet mich das nicht immer – aber es ist stets einen Versuch wert.
Ein sehr guter Ratschlag, ich lege mir auch so eine Tasche zu!