Wer schon mal auf der Autobahn A5 in Hessen unterwegs war, dem ist vielleicht schon aufgefallen, dass auf einer etwa 5 km langen Strecke in beiden Fahrtrichtungen jeweils über der rechten Spur eine Oberleitung hängt. Das ist eine Teststrecke. Hier wurde in den letzten vier Jahren der Verkehr mit Oberleitungs-Hybrid-LKW erprobt. Zurzeit wird die Strecke um etwa 7 km verlängert, der Testbetrieb geht weiter.
Natürlich hat das Projekt auch einen wohlklingenden Namen: Elisa. Das steht für elektrifizierter innovativer Schwerverkehr auf Autobahnen.
Und wie geht das jetzt? Im Dach des Führerhauses verstecken sich Stromabnehmer, die ausfahren und an die Leitung andocken können, wenn der LKW sich unterhalb der Oberleitung befindet. Zum Überholen muss der LKW allerdings noch abdocken, dann übernehmen die Batterie oder ein Dieselgenerator. Solange der LKW an der Leitung hängt, wird die Batterie aufgeladen.
Als Kind war ich fasziniert von den Oberleitungsbussen, die damals schon beispielsweise in Solingen herumfuhren. Auf dem Dach eines solchen Busses sind zwei lange Stromabnehmer installiert, die sich nach den Oberleitungen recken, die über der Straße hängen. Drehbar natürlich! So ist der Bus flexibel, kann um die Ecke und auch mal um ein Fahrrad, Fußgänger oder parkende Autos herumfahren. Eine pfiffige Idee, und vor allem ohne stinkende Abgase. Die fahren da heute noch rum – und nicht nur dort, sondern auch in Eberswalde und Esslingen.
Meine Assoziationen rennen von ganz alleine weiter, nur vom Hirnstrom angetrieben, der hurtig über meine Synapsen strömt. Sie katapultieren mich geradewegs auf eine Kirmes. Und dort auf direktem Weg zu den guten alten Autoscootern. Die Dinger fahren auf einer Fahrfläche, die Strom führen können muss. Meistens ist diese Fahrfläche aus Stahl. Traditionell hängt in drei Metern Höhe ein Gitternetz. Fahrfläche und Gitternetz schließt der Betreiber des Autoscooters an Gleichstrom an, die Fläche wird geerdet. Aus dem eigentlichen Autoscooter, mit dem wir dort herumfahren können, ragt hinten eine lange Stange heraus. Am oberen Ende der Stange dockt ein Stromabnehmer an das Gitternetz an, unten dockt das Fahrzeug an die Fahrfläche an. Über die Schleifkontakte schließt sich der Stromkreis zwischen Gitternetz und Fahrfläche. Der Elektromotor des Autoscooters ist versorgt, und ich kann mit dem Ding losfahren.
Teilt man die Fahrfläche in Teilsegmente auf, die abwechselnd den Plus- und den Minuspol führen, kann man auch auf den Gitternetz-Himmel der Autoscooter-Anlage verzichten. Dann dockt eben alles unten an. Dabei geht für meinen Geschmack jedoch ein Teil der Atmosphäre verloren, die den Autoscooter auf dem Rummelplatz schon immer umgab. Es musste ein bisschen schummrig sein. Traditionell plärrte laute Musik aus scheppernden Lautsprechern. Nur die coolsten Jugendlichen hingen den ganzen Tag hier herum. Auf der Fahrfläche lernte ich viel über die unterschiedlichen Charaktere der anderen Fahrer.
Es gab im Wesentlichen zwei Gruppen: Die einen versuchten, möglichst berührungslos über die Fläche zu flitzen, die anderen waren auf Konfrontation und heftigstmögliches Aufprallen gebürstet. Seitlich, frontal, selten von hinten, aber stets mit großem Gejohle verbunden. Dreht man das Lenkrad ausreichend lange in eine Richtung, so kann man rückwärts fahren. Und dann geht es wieder los. Volle Kraft voraus oder eben nach hinten. Oder nahezu auf der Stelle im Kreis herum, weil es unter dem Scooter hinten zwei starre und vorne mittig ein drehbares Rad gibt.
Andocken kann man ja auf unterschiedlichste Weise: mit einer Kapsel im Weltraum an eine Forschungsstation, mit einem Schiff am Hafen, mit einem Notebook an einer Dockingstation – oder emotional. Dann kommt man, um zu bleiben. Ach, wie schön!
Da fühle ich mich doch gleich in den Arm genommen. Ja, in und nicht auf den Arm! Kommen, um zu bleiben, das geht gut, wenn eine Verbindung entsteht. Wenn wir zusammen passen, wenn gegenseitiges Verständnis und Interesse die Verbindung tragen. Und dann fließt ein Strom schöner Gefühle und emotionaler Wärme durch die Andockstelle. Eine Woge Zärtlichkeit trägt mich alsbald davon. Und jetzt will ich los, will Gitti etwas vom Andocken erzählen … und mich bei ihr für die vielen schönen Momente bedanken, die wir miteinander erleben und so gerne miteinander teilen.
Wow….., was für eine schöne Geschichte die einen zum Teil in die Jugendzeit entführt, viele Erinnerungen aufleben lässt, und das Ende im Herzen berührt!
Das ist wohl das schönste Andocken 🥰🥰