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Kleiderfragen im Büro

Im Büro wird natürlich schwer gearbeitet, aber es wird auch viel gelacht. Wenn man es lustig haben will, muss man es sich lustig machen. Klar, es hilft ungemein, wenn man einen Sinn für die Komik entwickelt hat, die den alltäglichen Situationen innewohnt. Und mal ehrlich, es gibt Tage, an denen muss man wirklich nur die Augen und Ohren weit offen halten. Was man dann zu sehen und zu hören bekommt, das kann man gar nicht erfinden, das schreibt das Leben einfach so.

Dies hier ist so ein Tag. Ich klimpere auf meiner Tastatur herum und versuche, einem unserer japanischen Kunden sein aktuelles Lieblingsproblem per Mail auszureden. Er ist ein bisschen schwierig, aber irgendwie auch sympathisch. Beim Schreiben sehe ich die dichten, schwarzen Haare, die sich akkurat gestylt um sein glattes Gesicht legen, er sieht mir traurig aus braunen Mandelaugen zu, wie ich sein Anliegen so deutsch, so rigoros und unbarmherzig ablehne. So geht das nicht. Ich überarbeite den Text. In meiner Fantasie guckt er schon etwas weniger unglücklich.

Meine Kollegin Petra kommt herein. Ihr Schreibtisch steht meinem gegenüber, das fördert die Kommunikation. Sie lässt sich auf ihren Stuhl fallen und stöhnt erst mal. Das gehört zum Ritual, ohne Stöhnen wird das nix, so aber kann es ein schöner Tag werden. Ich sehe von den Mandelaugen und dem Text auf, um sie zu begrüßen. Es ist kurz vor Weihnachten und sie erzählt etwas über ihre heimische Weihnachtsdeko. Nach einer Weile zupft sie an ihren Klamotten, strahlt mich an und schließt mit „Weisch, des hab I in dr Stadt kauft.“

Ich starre sie an. Über ihrem Shirt trägt sie so etwas ähnliches, wie einen Tischläufer. Mit Fransen an beiden Seiten. In der Mitte hat das Ding einen Schlitz, und da hat Petra ihren Kopf durchgesteckt. „Wow“, sage ich. und „doll“ bringe ich auch noch heraus. Sie strahlt, „Schee, gell?“ Ich wende mich den traurigen Mandelaugen wieder zu, formuliere meine abschlägige Antwort freundlicher und verbindlicher, dann sende ich die Mail.   

In der Mittagspause treffen Petra und ich die Kollegen, wie so oft. Meistens trinken wir dann Kaffee, jeder mümmelt sein Brot, Petra stochert in einem Salätchen herum. Wir pflegen unser Tischgespräch. Also, na ja, wir reden vorwiegend dummes Zeug. Den Tischläufer ziert jetzt ein Spritzer Salatsauce. Neulich haben wir verabredet, uns mal am Abend in einem Restaurant zu treffen, heute ist es soweit. Petra hat bereits einen Tisch reserviert. Wir verabreden unseren Treffpunkt. Achim fragt beiläufig: „Ist da eigentlich Kleiderzwang?“ Ich verschlucke mich fast am Kaffee, und mir entfährt ein „Achim, Du ziehst bitte was an!“

Nach der Pause finde ich die Antwort meines Japaners, er hat sein Problem aufgegeben. Mein Chef humpelt herein. Er sieht aus, wie der Mooshammer, nur lebendiger, jünger und in dünn. Seine rechte Hand drückt eine Wärmflasche in den geschundenen Rücken. Er erkundigt sich nach dem Japaner, freut sich darüber, dass alles gut läuft und erzählt von seinem Hund. Hat der was mit dem Hexenschuss zu tun? Petra und ich hören geduldig zu. „Was ist das denn für ein Hund?“, frage ich. „Nicht so eine Daisy, oder?“ Petra verschwindet fast im Monitor, sie kann ihr Prusten kaum unterdrücken. „Nein, schon ein richtiger Hund,“ sagt der Mooshammer, „Belgischer Schäferhund.“

Unsere Vertriebsassistentin rettet mich aus der Situation. Auf ihrem Hinterkopf prangt eine große, rote Schleife, wie ein Propeller. Petra sieht meinen Blick und rutscht beinahe vom Stuhl. Ihr Gesicht ist jetzt fast genauso rot, wie der Propeller, der gerade dem Mooshammer in sein Büro folgt. 

Wir kichern uns in den Feierabend. Vor dem Restaurant warten alle noch auf Manni, unseren Schaltschrankbauer. Abgehetzt stößt er schließlich zu uns, mustert jeden einzelnen von oben bis unten und versucht dann, seine Krawatte in der Hosentasche zu versenken. Overdressed.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Tom

    Ja, diese kleinen Gespräche und das Schmunzeln sind das, was ich beim Lock-down vermisse…

  2. Diane

    This story was fantastic! Reminds of lunchtime with colleagues before covid…thanks for the smile!

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