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Der Sieg des Schweinehunds

Wochenende! Was machen wir heute? Gitti hat recherchiert und einen Erlebnispfad gefunden, auf dem wir etwas über die Kelten erfahren können. Auf der Schwäbischen Alb. Wir können da herumlaufen, in die Gegend gucken und uns von einer App leiten und informieren lassen.

Die Wetterapp verspricht mäßige zehn Grad Celsius bei wechselnd wolkigem Himmel. Das ist besser als gestern, wo es nur sechs Grad „warm“ wurde. Außerdem hat es gestern mehrere Stunden am Stück nur genieselt, danach sieht es heute immerhin nicht aus. Egal, es gibt kein schlechtes Wetter und schlechte Kleidung müssen wir ja nicht wählen! Also los.

Für ein Frühstück ist es noch zu früh. Der erste Weg führt Gitti und mich also zum Bäcker. Wir nehmen Brezeln mit, an denen wir uns unterwegs zu laben trachten. Dann fahren wir auf die Alb. Im Auto zeigt das Thermometer erst wenige Grad an. Sehr wenige! Die genannten zehn Grad hat die Wetterapp nur für unseren Wohnort versprochen, und natürlich erst für heute Nachmittag. Auf der Schwäbischen Alb ist es immer deutlich kälter als bei uns. Je länger ich darüber nachdenke, desto größer wird meine Überzeugung, gleich am Lenkrad festzufrieren! Aber ich will Gitti nicht enttäuschen. Wir sitzen gerade sowieso viel zu viel zu Hause herum, der Ausflug wird uns guttun. Ich halte das kalte Lenkrad nur noch mit spitzen Fingern. Gitti hat schon ihre Sitzheizung angeworfen, sagt aber keinen Ton über die Kälte.

Unsere Köpfe haben wir beide so weit wie möglich eingezogen, aus den Kragen unserer Jacken ragt kein Stückchen Hals mehr. Alles wird gut – bestimmt!

Die Alb liegt still unter trübem Himmel. Außer uns sind nur wenige Menschen unterwegs. Die anderen, die also nicht hier sind, die beneide ich heimlich um das warme Plätzchen, an dem sie sich vermutlich aufhalten. Der Ausflug wird uns guttun, ich festige meine Einstellung dazu. Auf dem Wanderparkplatz steht ein einziges Auto. Gitti und ich gucken uns wortlos an. Die Frontscheibe ziert ein kleines Graupelkorn, das gerade kondensiert. Ob Gitti es wohl gesehen hat? Ich werde lieber nicht fragen.

Wir machen uns über die Brezeln her. So können wir ein bisschen länger im geheizten Auto sitzen. Danach fehlen uns wohl weitere Ausreden, deshalb geht es jetzt hinaus aus dem Auto, hinein in die Natur! Ui, ist das kalt!! Egal, Türen zu und los. Da steht eine Infotafel, zu der zittern Gitti und ich uns erstmal hin. Ich vergrabe meine Hände tief in den Jackentaschen und versuche, die Nase im hochgestellten Kragen zu versenken. „Windig, gell?“, versuche ich einen kleinen Gesprächsauftakt. Gitti lugt aus ihrem Jackenkragen hervor und murmelt etwas. Ihre Worte trägt eine kleine Windböe hinfort, so kommt es mir jedenfalls vor. Was machen wir hier eigentlich? Die Wanderwege sind in unterschiedlichen Farben eingezeichnet, den Standort ziert ein großer roter Pfeil. Ratlos starren wir die Tafel an. Keine von uns will als erste aus der Deckung kommen.

Wir stapfen unentschlossen ein wenig herum. Ein Schatten zischt an mir vorbei und verursacht einen eisigen Luftzug. Ich gucke ihm schnell hinterher und sehe das hämische Grinsen meines inneren Schweinehunds. Dann treffen sich Gittis und mein verzweifelter Blick. Es braucht keine Worte. Ein unmerklicher Schwenk mit dem Kopf in Richtung Auto, gepaart mit fragendem Augenaufschlag reicht. Wie auf Kommando drehen wir auf dem Absatz um und laufen schnellen Schrittes entschlossen auf das Auto zu. Hier winken ein warmer Innenraum, bequeme beheizbare Sitze und vor allem Windstille. „Ich möchte nach Hause!“, dringt es an mein Ohr. Ja, da will ich auch hin. Jetzt, auf direktem Weg!

Immerhin haben wir es versucht. Der innere Schweinehund triumphiert, kostet seinen Sieg aus und lässt uns in dem Wissen zurück, dass wir Weicheier ihm nicht gewachsen sind. Schweinehund, zieh Dich warm an: Wir kommen wieder. Du wirst schon sehen!!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Tom

    *Achtung, nur für Insider*

    Jaja, wenn man nicht genug miteinander kommuniziert. Ich erinnere mich an einen Zeitpunkt vor vielen Jahren, da habe ich mal eine liebe Bekannte und ihre Partnerin besucht und wollte anschließend in mein Tagungshotel, solange man da noch einchecken konnte. Das wäre dann wieder eine meiner Schmunzelstories, über die wir vier schon herzlich gelacht haben….

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