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Wie oft laufen wir einfach an etwas vorbei, ohne wirklich wahrzunehmen, was uns so alles umgibt? Oft. Zu oft!

Heute treffen wir uns mit Freunden in der Stadt. Zuerst wollen wir zur Banksy-Ausstellung, die hier gerade läuft. Danach werden wir das wunderbare Wetter und die schöne Atmosphäre in der Stadt genießen. Gitti und ich sind schon voller Vorfreude.

Banksy ist ja ein Streetart-Künstler. Viele seiner Werke hat er einfach im öffentlichen Raum auf Wände gesprayt. Das ist meistens nicht legal, und deshalb muss der Künstler eben unerkannt bleiben.

Zu seinen bekanntesten Werken gehört das Mädchen, das einen roten herzförmigen Ballon davonfliegen lässt. Das Bild prangte 2002 plötzlich an einer Hauswand in London. Wie ein Geschenk! Dieses Mädchen mit dem roten Ballon spricht mich tief im Herzen an. Und so ging es wohl anderen Menschen auch. Das Stück Wand wurde leider herausgetrennt, das Bild wurde anschließend gerahmt und für eine halbe Million Pfund versteigert. Hat es bis dahin der Öffentlichkeit oder dem Besitzer der Wand gehört? Ist das als Diebstahl zu werten?

2018 wurde das Bild wieder versteigert und erzielte den Preis von gut einer Million Pfund. Unmittelbar nach dem Zuschlag aktivierte jemand einen Mechanismus, der im Rahmen des Bildes versteckt war. Dieser Mechanismus zog nun das Bild nach unten durch einen Schredder. Der Mechanismus versagte und stoppte, noch bevor das Bild komplett in Streifen zerlegt war. Aus dem Rahmen hängen seither die Streifen des geschredderten Teils heraus. Die Schredder-Aktion geht wohl auch auf Banksy zurück und zeigt deutlich seine Kritik am Kunstmarkt.

Es gibt ein Video dieses Teils der Versteigerung. Damals wurde das sogar in den Nachrichten gezeigt und zog so auch meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich kann mich noch genau an die Gefühle erinnern, die ich hatte, als ich sah, wie das Bild plötzlich vor aller Augen vom Schredder aufgefressen wurde. Ich war schockiert und zugleich fasziniert. Spontan rief ich: „Das schöne Bild, das kann man doch nicht machen!“ Und ich gebe zu, dass ich Schadenfreude empfand. Unglaublich viele Kunstwerke wechseln immer wieder für aberwitzige Summen ihre Besitzer. Sie verschwinden damit häufig hinter privaten Türen. Muss man denn immer alles ganz alleine für sich behalten?!? Immerhin werden manche Kunstwerke später mal an ein Museum ausgeliehen und öffentlich gezeigt. Ich würde gerne mehr davon sehen!

2021 gab es übrigens erneut eine Versteigerung. Diesmal erzielte das Bild sogar den sechzehnfachen Preis. Welch ein Wahnsinn!

Die Bilder von Banksy sind sehr eindringlich. Viele zeigen einen satirischen Blick auf aktuelle Ereignisse. Da wirft einer statt eines Molotow-Cocktails einen Blumenstrauß. Auf einem anderen Bild liefern sich ein israelischer Soldat und ein Palästinenser eine Kissenschlacht. In den Trümmern, die uns zurzeit aus der Ukraine gezeigt werden, sind ebenfalls Banksy-Bilder aufgetaucht. Ich empfinde sie als verstörend und berührend zugleich. Und ich entdecke darin einen durchaus hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Ich hoffe inständig, dass diese Bilder auch denen Mut machen, die gerade ganz viel davon brauchen! Banksys Bilder regen mich zum genauen Hinsehen und vor allem zum Innehalten, zum Perspektivwechsel und zum Nachdenken an. Viele berühren mein Herz.

Nachdenklich und beeindruckt zugleich verlassen unsere Freunde und wir ein paar Stunden später die Ausstellung. Draußen scheint die Sonne. In der Stadt herrscht fröhlicher Trubel. Eine entspannte Atmosphäre umgibt uns. Die Menschen genießen das Bad in der Menge.

Wir finden einen schönen Platz im Außenbereich eines Bistros. Gemeinsam lassen wir uns mal wieder in den Genuss fallen. Es gibt ein wenig zu essen, etwas zu trinken und vieles zu bereden. Natürlich löst sich unser Fokus allmählich von den Themen der Ausstellung. Wir kommen im eigenen, banal daherkommenden, so unbeschwerten Leben wieder an, das wir hier gerade führen dürfen. Welch ein unverschämtes Glück wir doch haben! Eine tiefe Dankbarkeit breitet sich in mir aus.