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Der Atem bringt Dich weiter

Nicht aufregen, sondern atmen!! Ich atme zuerst tief ein, und die eingesogene Luft verteilt sich auf meine beiden Lungenflügel. Darin sind die Bronchien versteckt, sie sehen aus, wie Bäume mit ganz vielen Ästen. Und an den Ästen hängen unzählige Lungenbläschen, wie Weintrauben oder Blumenkohlröschen, lecker! Ein feines Netz von Kapillaren, also kleinen Äderchen, umfängt die Bläschen. Und schon verselbstständigen sich meine inneren Bilder wieder. Für mich sieht es so aus, als ob alle dieser Bläschen ein eng anliegendes Negligé aus Äderchen tragen. Den lieben langen Tag und im 24/7-Modus kümmern sie sich in diesem Aufzug darum, dass ich es schön luftig habe. Wow!

Jetzt bläht die Luft meine Lungenbläschen auf und Teile dieser Luft quetschen sich durch die Bläschenwand hindurch und gleich durch die nächste Wand hinein in die Äderchen, durch die das Blut zirkuliert. Mein Körper kocht damit sein Lebenssüppchen, isst natürlich genüsslich einen Teil davon auf und lässt beim Ausatmen den restlichen Dunst wieder heraus. Wieder durch diese Wände, nur diesmal in die andere Richtung. Vereinfacht ausgedrückt kommt über die geheimnisvollen Wände vor allem Sauerstoff rein und CO2 wieder raus. Beeindruckend!

Wenn man so eine Lunge mit all ihren Bläschen mal ausgebreitet hinlegen wollte, bräuchte man echt viel Platz. Die Lunge hat ja normalerweise zwei Flügel. Spontan denke ich an ein großes Schloss und fühle mich erhaben. Ob ich heute wohl im Südflügel dinieren werde?

In meinen Lungenflügeln dienen mir so um die 300 Millionen Lungenbläschen, habe ich mal gelesen. Ein Lungenbläschen soll einen Durchmesser von etwa 0,2 mm haben und bläht sich beim Einatmen noch etwas auf, vielleicht auf 0,25 mm. Ich stelle eine Überschlagsrechnung an. Die Formel für die Oberfläche einer Kugel lautet d²p. Daraus errechne ich für alle Lungenbläschen zusammen eine Oberfläche von etwa 38 m², aufgebläht von etwa 59 m². Aber: Wo ich auch recherchiere, überall heißt es, die Oberfläche sei 100 bis 120 m² groß. Auch die 300 Millionen Bläschen finde ich überall. Ob wohl gemeint ist, dass jeder Lungenflügel so viele Bläschen hat? Dann wären es zusammen 600 Millionen Bläschen und die Oberfläche schwankte zwischen 75 und 118 m². Das käme in etwa hin. Oder rechne ich falsch? Mein Atem geht schneller, der Blutdruck steigt, kurz: Ich bin empört, weil ich die veröffentlichten Zahlen nicht nachvollziehen kann!

Zur Ablenkung stelle ich mir Wohnungen vor, sowohl in den errechneten Größen als auch in den recherchierten Größen. Vielleicht beruhigt mich das ja.

Leider geht der Schuss nach hinten los, denn selbst die Vorstellung einer nur 38 m² großen Wohnung in meinem Brustkorb hinterlässt ein gewisses Gefühl der Enge. Und 118 m²? Puh!

Ich darf gar nicht darüber nachdenken, was sich da noch alles in meinem Inneren befindet. Mehrere Meter Darm mit jeder Menge Zotten dran, immerhin nicht im Brustraum. Allerlei Knochen. Dazu noch literweise Blut – ich muss dringend auf andere Gedanken kommen!

Da hilft nur: Atmen!! Tief und gleichmäßig.

Ich atme übrigens in einer Minute so ein Dutzend Mal ein und aus. Zwölf Atemzüge also, jedenfalls, wenn nichts Ungewöhnliches passiert. Angeblich atme ich dabei jeweils einen halben Liter Luft ein und wieder aus. Vor meinem inneren Auge steht großes Bier. Ein halber Liter kommt mir viel vor, aber ich verzichte jetzt lieber auf einen Selbstversuch, im Sinne eines Atemtests mit Hilfe einer Plastiktüte. Sportler bringen es auf über 2,5 Liter pro Atemzug, lese ich, manche sogar auf etwa 4 Liter. Die Zahl der Biergläser, die vor meinem inneren Auge stehen, erhöht sich entsprechend. Welch eine Verschwendung!!

Aus dem Yoga weiß ich zum Glück, dass ich meinen Atem bewusst in verschiedene Teile meines Körpers lenken kann. Also vielleicht nicht direkt die Luft selbst, aber immerhin gelingt es mir, mit Hilfe dieser Vorstellung Spannungen im Körper aufzulösen. Zum Beispiel, wenn ich „Rücken“ habe. Das passiert nicht mehr so oft, aber egal. Wenn es passiert, dann stelle ich mir vor, meinen Atem genau an die schmerzende Stelle zu leiten. Und dann sogar, den Schmerz einfach auszuatmen, zum Beispiel über die Füße. Klingt irre, funktioniert aber! Die Verspannung löst sich tatsächlich allmählich auf. Ich bin entzückt, und zwar jedes Mal! Die Vorstellungskraft hilft mir offensichtlich dabei, meine Muskeln und vielleicht auch noch andere Sachen, die da so in mir herumgeistern, zu steuern. Gianna und Mauro sagen ja schon immer: „Der Atem bringt Dich weiter.“ Stimmt. Herzlichen Dank für die Technik!

Ich atme also ein Weilchen und entspanne mich bewusst. Bald ist mir nicht mehr eng zumute. Mein Herz ist weit und bietet viel Platz für angenehme Gefühle. Oder wohnen die woanders? Egal. Ich bin jedenfalls gerade ganz bei mir, atme so vor mich hin und fühle mich wohl.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Mauro und Gianna

    Das ist eine sehr schöne Geschichte, gut recherchiert und durch deine bildhafte Darstellung eine schöne Reise zu sich selbst!
    Der Atem bringt dich weiter, entspricht der absoluten Wahrheit!
    Abgesehen davon, dass der Atem uns mit frischer Luft und Sauerstoff versorgt, und die verbrauchte Luft wieder abtransportiert, generiert die Atmung neue Lebensenergie, ohne die ein Leben nicht möglich wäre.

    Lebensenergie verhilft uns zu neuer Kraft, die uns weiterbringt!

    Danke für deine Story liebe Miri!
    Allen anderen wünschen wir Motivation für Yoga, Mut zu gezielten Atem-Techniken, durch die jeder lernen kann, seinen Atem zu lenken.
    Entspannung, innere Ruhe, innere Kraft, geistige Klarheit, mehr Flexibilität stellen sich immer mehr ein, dadurch übernimmt jeder Praktizierende die Selbstverantwortung für seine Gesundheit und sein Wohlbefinden!

    Mauro & Gianna

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