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Das besondere C

Mal schnell assoziiert: Was fällt Dir zu „C“ ein?

Das hohe C aus der Musik? Der Mannschaftskapitän im Sport, auf dessen Kluft ein großes C prangt? Die richtige Antwort ist C? Oder vielleicht Kohlenstoff?

Mir ist gerade zuerst Kohlenstoff eingefallen. Wahrscheinlich, weil die Jugendlichen von Fridays for Future uns so beharrlich aufs Dach steigen und fordern, dass wir weniger CO2 ausstoßen und uns endlich um die Rettung des Klimas kümmern.

Wir, das sind vermutlich wir alle. Schon die kleinste Flatulenz verursacht heutzutage ja ein schlechtes Gewissen bei dem Geplagten, der den kleinen Wind nicht halten konnte, so dass er ihm also gerade entfleuchte. Früher hatte dieser Geplagte nur ein kleines schlechtes Gewissen. Schließlich hatte er just ein Tabu gebrochen. Das führte häufig zu einem peinlich rot verfärbten Kopf beim Geplagten und in seiner direkten Umgebung zu vielen gerümpften Nasen. Und dann war es das auch schon. Heute würde er gerne mit ausgestrecktem Arm auf die nächste Kuh zeigen, die das noch viel hemmungsloser und mit viel mehr Methan kann als er. Aber die ist ja meist gar nicht zur Hand, die blöde Kuh!

Methan ist CH4, da ist also auch Kohlenstoff drin. Außerdem gehört es zu den Treibhausgasen. In der Erdatmosphäre oxidiert Methan. Einer der dabei entstehenden Stoffe ist das berühmte CO2, über das alle so schimpfen. Methan gewinnt man auch in Biogasanlagen. Da finden wir das ganz toll und nutzen es anschließend mit reinem Gewissen zum Heizen, zum Beispiel im Blockkraftheizwerk. Mit reinem Klimagewissen! Es kommt also nicht auf den Stoff an sich an, sondern darauf, wo und auf welche Weise er seine Wirkung erzielt. Die Biogasanlage steht hoch im Kurs und die pupsende Kuh hat mittlerweile einen schlechten Ruf. Aber ohne CO2 ginge es gar nicht. Die Pflanzen brauchen es, sie wandeln das Kohlendioxid in Zucker um. Photosynthese heißt das Zauberwort. Es geht also auch um die Menge! Wie immer!!

Erinnerst Du Dich noch an FCKW? Das ging in den Flower-Power-Siebzigern viral. Damals hätte allerdings niemand von uns das Wort viral verwendet – oder wir wären schlicht nicht verstanden und sofort links liegen gelassen worden. Wie war das nochmal mit dem Zeug? FCKW, also Fluorchlorkohlenwasserstoff, hatte super Eigenschaften. In nahezu allen Sprühflaschen wurde es dazu verwendet, deren Inhalt durch die praktische Düse am Ausgang der Flasche zu pressen und fein zu zerstäuben, um zum Beispiel unangenehme Köpergeruche zu übertünchen. Neben Deo ging es auch um Haarspray, Reinigungs- und Lösungsmittel, Schaumstoffe und Kältemittel für Kühlschränke. Und in den Siebzigerjahren haben wir dann zur Kenntnis genommen, dass dieses Treibgas zugleich ein Treibhausgas ist und zur Zerstörung der Ozonschicht beiträgt. Mist!

In jugendlichem Alter war ich damals, und entgeistert war ich auch. Es hatte den Anschein, als ob alles, was das Leben angenehm gestaltet, plötzlich alles Leben vergiftet. Die Chemiewerke leiteten ihre Abwässer in den Rhein, den Main und andere Flüsse. Aus den rauchenden Schloten der Industrie drangen Gase, die nicht nur unglaublich stanken, sondern gefühlt unser aller baldiges Aus repräsentierten. Und wir Jugendlichen waren entsetzt darüber, wie mühsam und zögerlich die Erwachsenen solche Erkenntnisse in Verhaltensänderungen überführten. Immerhin, sie haben wohl gute Lösungen gefunden.

Heute sehe ich das deutlich entspannter. Schließlich haben wir die Kurve gekriegt und tolle Sachen erfunden, die der Natur nicht mehr in diesem Ausmaß zusetzten. Und auch das Ozonloch hat sich irgendwann wieder eingekriegt und schließt sich wieder, wenn auch langsam. Wir haben allerdings auch andere Sachen erfunden, die der Natur wieder erheblich zusetzen. So sind wir halt. Ich will die Probleme, die wir heute haben, nicht kleinreden. Die jungen Leute halten den Druck auf dem Kessel, und das ist gut so. Ich bin sehr gespannt, ob wir auch diesmal noch rechtzeitig die Kurve kriegen. Das ist nämlich tatsächlich nicht so einfach.

Gleichzeitig bin ich zuversichtlich. Es gibt verschiedene Ansätze. Die einen versuchen, das Problem im Meeresboden zu vergraben. Aber: Stecken wir nicht den Kopf in den Sand, wenn wir das Zuviel an Kohlendioxid einfach verbuddeln? Vermutlich schon. Das ist uns bei den Giftfässern, die wir in alten Salzstockstollen versteckt haben, auch schon auf die Füße gefallen. Andere versuchen, das Zeug in Kohlenstoff und Sauerstoff aufzuspalten, schließlich können wir beide Stoffe brauchen. Bestimmt fällt uns noch etwas Besseres ein. Unsere Forscher forschen unermüdlich und versuchen, aus dem verpönten Abfallprodukt einen begehrten Wertstoff zu machen. Sie kommen voran, werden jetzt ordentlich gefördert und ich freue mich schon sehr auf ihre spannenden Berichte. Vor allem freue ich mich auf die praktische Umsetzung ihrer Ergebnisse. Die Zeiten sind wirklich vielversprechend!

Auf der Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung las ich neulich, dass die chemische Industrie in Deutschland jährlich etwa 21 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Produkte umwandelt. Erst habe ich gedacht, die meinen mit Produkten nur wieder noch mehr Chemikalien, aber bevor ich mich ordentlich aufregen konnte, verstand ich, dass es am Ende beispielsweise um Zahnbürsten, Matratzen und Reifen geht. Um Sachen also, auf die ich natürlich nicht verzichten will. Bislang holen wir den Löwenanteil dieses Kohlenstoffs noch aus Erdöl, Kohl und Erdgas. Jetzt richtet sich der Blick der Forscher also darauf, wie man klimaneutral an den begehrten Kohlenstoff kommen könnte. Einer der vielen Ansätze: das Zeug in Ameisensäure umwandeln und dann im Bioreaktor einem Haufen Mikroorganismen zum Fraß vorwerfen, die dann die Ameisensäure verstoffwechseln. Am Ende kommen dann Bio-Kunststoffe heraus. Als Mikroorganismus-Schiss?!? Na ja, warum eigentlich nicht?

Es wäre nicht das erste Mal, dass wir Menschen aus einer schier aussichtlos erscheinenden Lage kreativ herausfinden. Und dann können wir das besondere C wieder hochleben lassen!

Mir ist übrigens beim freien Assoziieren zum Thema „C“ vorhin noch etwas anderes eingefallen: Vitamin C. Also Obst, Gemüse, Zitrusfrüchte, sogar Kartoffeln! Und deshalb muss ich jetzt wieder los. Klimaneutral zu Fuß in die Küche. Einen leckeren Weißwein will ich mitnehmen, ein bisschen Schnibbeln und Köcheln. Vielleicht lasse ich eines unserer Geräte aufspielen, und zwar schöne Musik in C-Dur. Und dann feiere ich zusammen mit Gitti diese besonderen Formen des C!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Tom

    Ich hoffe, Ihr hattet einen vergnüglichen C- Abend!

  2. Danke für die Unterhaltung, das beste kam diesmal zum Schluss in der Küche. Da wäre man gerne dabei!

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